9. - 27.4.00
Tagebuch Seite 57
Bangkok, Koh Tao & Pha Ngan
Eine Woche in der Gefechtszone & Die Ostküsteninseln Südthailands

Bevor wir aus Myanmar abfliegen, versenden wir noch einige Dinge per Post. Dies wäre - wie immer - eigentlich keiner speziellen Erwähnung bedürftig, hätten wir auf der Hauptpost in Yangon nicht wieder etwas gesehen, das wir bisher auf asiatischen Poststellen noch nicht miterlebt haben. Ausnahmslos alle Kontakte mit Regierungsstellen in Asien beinhalten das Pilgern von einem Schalter zum anderen - meist ist bei einem Offiziellen nur ein Blatt Papier oder ein Stempel zu holen - jeder hat seine Daseinsberechtigung. Diesmal sind wir mit unserem kleinen Paket bereits an mehr als 7 Schaltern vorbei (Tip: In Poststellen warten meist Leute, die - gegen Entgelt natürlich - den Prozess des Versendens von zwei Stunden auf erträgliche 30 Minuten reduzieren) und haben bereits durch unseren Yogi über 300 Kyat an "Geschenken" für schnelle Bearbeitung vergeben, als wir beim letzten und wichtigsten Schalter vorbeikommen: Der Siegellack-Schalter! Ohne Versiegelung geht nichts aus dem Lande. Auf dem Schreibtisch wird das Paket eingehendst nochmals geprüft und die Papiere begutachtet (Das 8. Mal inzwischen). Erst dann wird dem Paket der letzte Segen erteilt, alle möglichen Öffnungswege versiegelt und mit der Staatsinsignia geziert. (Bei einem Tarif von Fr. 1.55 pro kg Internationaler, eingeschriebener Luftpost gehen wir sogar an doppelt so vielen Ständen vorbei!)

Schon ist es Zeit, zum Flughafen zu fahren. Wie bereits bei der Ankunft beschrieben, ist der "Yangon International Airport" recht klein. Sein Inneres und die dort vorhandene Infrastrukur wiederspiegeln die Entwicklung des Landes selbst. Beim Eingang herrscht ein riesiger Auflauf von Menschen, die alle so ausehen, als wollten sie in den Flughafen, um einzuchecken. Jede Menge Gepäck liegt herum. Unerklärlicherweise fliegen diese Leute jedoch nicht irgendwo hin und werden von Polizisten aus der Abflugshalle herausgehalten. Wir werden jedoch ohne Weiteres, als wir es dann bis zur Tür schaffen, hereingelassen. Wir finden uns in einer baren Halle wieder - der "Check-in cum Immigration" Halle. Check-in Schalter gibt es genau 3 Stück. Die Fluggesellschaft sowie der Flug sind auf Kartonstücken notiert und sind an den (Holz-) Schaltern mit einen Stück Schnur aufgehängt. Computer gibt es auf dem gesamten Gelände KEINE! Sollte der Strom ausfallen - was häufig passiert - kein Problem beim Check-in und der Immigration, alles läuft wie gehabt weiter. Auf einer Papierliste werden unsere Namen ausgestrichen und mangels Computern bekommen wir eine Bordkarte ohne Sitznummern ausgeteilt und unser Gepäck wird direkt vom Check-in Personal auf die Wagen gehievt, welches dann an den Flieger gebracht wird.

Nach der Immigration - ähnliche Holzkonstruktion - dürfen wir in einer kleineren, plastikbestuhlten Halle warten. Die Konstruktion der Fensterläden lässt einen grösseren Blick auf das Rollfeld nicht zu - angst vor Terroristen oder zu stark interessierten Journalisten? Die Stimmung und die Architektur lässt insgesamt ein Gefühl eines Bananenflughafens aus einem 30 Jahre alten Bond-Film aufkommen.

Der Flug nach Bangkok mit Bangladesch Airways hatte - ausser dem üblichen "Insch'Allah" - das bisher schärfste Inflight-Essen als Höhepunkt. Das servierte Curry war dermassen scharf, dass auf einem beliebigen europäischen Flug bestimmt mehr als 90% der Fluggäste das Gericht als viel zu scharf zurückgewiesen hätten. Wir fandens Yummy!

Wieder in Bangkok angekommen, bestempelte mir ein ignoranter Zollbeamte (Cretin!) auch nach mehrmaliger Aufforderung es nicht zu tun, eine (noch) leere Seite in meinem Pass. Klar, dass ich daraufhin zum Chef der Immigration ging und dort fragte, ob denn die Beamten nicht Reisenden mit fast vollem Pass helfen könnten, indem sie halb volle Seiten mit ihrem Stempel zieren. Klar, meinte dieser, könnten dies seine Beamten tun, sofern sie die Aufforderung es zu tun verstehen würden. Was? Es sei für die Anstellung beim Zoll im internationalen Flughafen von Bangkok nicht von Nöten Englisch zu können, fuhr er fort. Falls ich dem Beamten klarmachen könne was ich wolle, sei es gut möglich, dass er meinem Wunsche entspräche - oder vielleicht auch nicht. Ob mir das als Erklärung reiche, wolle er wissen. Ja, alles klar -> Dies ist Thailand: Egal, was man anstellt - mit einem "Sorry, Sorry" kommt man wieder vom Haken... GRRR. Noch zwei Seiten im Pass übrig.

Wieder in Bangkok zu sein, lässt ein sehr vertrautes Gefühl aufkommen. Wir können nicht nur im gleichen Gebäude, sondern auch gleich wieder in der selben Wohnung während unseres Aufenthaltes in Bangkok bleiben!

Unsere Reise neigt sich - wohl oder übel - dem Ende zu. Einerseits geht uns das Geld langsam aus und als Zweites müssen wir aufgrund der Schweizer Behörden und ihren restriktiven Regeln betreffend Ausländern vor dem 8.6.00 wieder in der Schweiz sein. Bangkok ist immer noch der günstigste Ort, um aus Asien wieder in Richtung Europa zu fliegen. Unsere Tickets, für welche wir uns entscheiden sind unschlagbar günstig. Günstig, weil wir nicht direkt fliegen, sondern via Sri Lanka mit Lankan Air. Am 3.6. fliegen wir schweren Herzens los und kommen knapp 23 Reisestunden später am 4.6. um 9.55 in Zürich an.

Wir wollten eigentlich nach dem Kauf unserer Flugtickets sofort weiterfahren, jedoch ist die Auskunft am Bangkok'schen Hauptbahnhof betreffend einem Ticket in den Süden niederschmetternd: für die nächsten 5 (!!!) Tage sind alle (!!!) Züge in allen (!!!) Klassen ausgebucht. Warum? Wir hatten das Datum vollkommen vergessen (und rückblickend hätten wir besser noch eine Woche in Burma bleiben sollen) => Es ist Thai-Neujahr!

Songkran (Wasserfest) nennt sich dieses mehrtägige Fest der Thais. Während dieser Zeit verwandelt sich die Stadt in eine "Combat-Zone". Vom einfachen Eimer bis zum "Super-Soaker" ist alles vertreten. Gruppen von Jugendlichen organisieren einen Pickup und einen riesigen Wasserbehälter und fahren durch die Stadt und spritzen alles was sich bewegt bis auf die Knochen nass. Das Wasser sollte eiskalt sein. Zum Wasser kommt noch eine Art Pulver, welches mit wenig Wasser aufgelöst in eine Paste verwandelt wird. Diese Paste bekommt man ins Gescht geschmiert - oder dorthin wo es noch keine hingeschafft hat. An gewissen Stellen (selbstverständlich genau vor unserem Haus am Kanal) staut sich dann dieser "Wasserwerferverkehr" und die verschiedenen Wagen werfen hektoliterweise Wasser in alle Richtungen. Die Mannschaften steigen aus ihren Wagen und fangen an, die Schlacht auf die Umgebung auszudehen. Hausbesitzer machen natürlich mit und werfen Eimerweise Wasser auf die Leute unten auf der Strasse, die natürlich mit Hochdruckwerfern zurückgeben, was sie abbekommen haben. Wir haben uns natürlich auch unter die Menschenmassen gemischt und waren mit unseren eigenen Kanonen und Eimern mit Paste unterwegs. Klar, dass wir innert Minuten bis auf die Knochen nass waren, aber das ist ja der Spass an der ganzen Sache, nicht? Manchmal hatten wir das Gefühl, dass die Thais die Gelegenheit warnahmen, es den Fremden zurückzuzahlen, denn die wildesten Schlachten waren immer um irgendwelche Falangs herum, die tüchtig mit Paste und eiskaltem Wasser eingedeckt wurden. Es ist extrem viel los und nach gut vier Stunden Schlacht ziehen wir uns erschöpft wieder in unsere Wohnung zurück. Den Thais aber wird es nie zuviel. Sie Spritzen bis spät in die Nacht hinein in der Gegend herum und es ist schon "nümme luschtig" wenn man abends um 9 nur mal 150 Meter zum nächsten Foodladen gehen will und nicht mal diese Strecke schafft, ohne komplett nass zu werden. Am zweiten Tag gehen wir kaum mehr aus dem Hause, ausser schnell zum Foodladen genau vor unserem Haus. Auch hier werden wir nass, aber diesmal ist es so wie Songkran eigentlich sein sollte: Das Ehepaar des Foodladens, welches uns sehr gut kennt, wünscht uns auf ihre Art "Happy New Year" indem sie uns eine Handvoll Eiswasser aus einem kleinen Schälchen jeweils auf die beiden Schultern und über die Hände giesst und uns dabei "Sawat-Dii Mai" (Gutes/schönes Neu) wünscht und das selbe von uns erwartet. Indes geht einige Meter von uns Entfernt auf der Brücke, der Kreuzung und der Strasse um unser Haus der Kampf um den Weltuntergang weiter. Die Strasse ist nicht mehr schwarz sondern leicht weisslich vor lauter Paste und der Verkehr bewegt sich kaum mehr. Wir haben aber vom Spritzen genug und bleiben in der Wohnung. Als am Abend keinerlei Anzeichen dafür zu finden sind, dass wir es nur ansatzweise trocken einige Meter weit schaffen werden, greifen wir zur letzten Möglichkeit: Pizza vom Pizza-Hut per Telefon bestellen - soll der Fahrer nass werden! So geht es noch zwei weitere Tage - Alle Läden ausser den 24h Läden sind geschlossen und man kann sich in der Stadt ob dem Chaos auf der Strasse und den umherfliegenden Wassermassen nicht bewegen. Wir sitzen fest, da auch ausserhalb natürlich überall Wasser umhergeworfen wird und jedes verfügbare Hotelzimmer wie auch Transportmittel besetzt ist. Songkran: geh' vorbei: "Fertig luschtig!".

Als endlich die Festlichkeiten vorüber waren, fuhren wir mit dem Zug nach Chumphon und von dort aus mit dem Boot nach Koh Tao. Diese kleine Insel verspricht die Art von Entspannung, die wir brauchen: Sand, Sonne, Ruhe, Meer. Als wir den Pier entlang vom Boot zum Pier gehen, kommen uns wie so oft schon die ganzen Leute von den Guesthouses entgegen. Aber als wir auf die Frage hin, wo wir denn tauchen gehen wollen antworten, dass wir nicht tauchen, ist auf einmal niemand mehr daran interessiert, uns eine Unterkunft anzubieten. Wir finden nach einigem Hin und Her doch noch eine Unterkunft (Die meisten verlangen für Nicht-Taucher fast das doppelte für de Zimmer) und machen uns daran, den Strand zu geniessen, gutes Essen zu uns zu nehmen, im Wasser zu planschen und zu schnorcheln.

Da wir von Koh Tao aus unseren Eltern eine wichtige Information mitgeteilt haben, und sie diese inzwischen auf dem Postweg bekommen haben, können wir endlich auch hier bekanntmachen, was wir seit anfang Februar wissen: Chantal ist schwanger. Unser Kind wird voraussichtlich am 28.9.00 das Licht der Welt erblicken. Wir haben inzwischen recht viele Erfahrungen machen können, was das Reisen wenn schwanger betrifft - vielleicht gibt's hier mal eine neue Rubrik à la "Schwanger in Asien reisen" oder so... Mehr dazu später.

Auf Koh Tao gingen wir Schorcheln, da das Wasser um die Insel dazu gerade einlädt. An der Rocky Bay im Süden der Insel ist das Wasser sehr klar und die Korallen, obwohl 1998 "El Niño" mit seinen warmen Wasserströmen fast alle Korallen um die Insel abgetötete, sind wieder daran, sich zu regenerieren. Was wir aber dann sahen, liess uns im ersten Moment recht erschrecken: Haie! Keine 100 Meter vom Strand entfernt, schwommen diese grossen, wie die Exemplare aus dem Film aussehenden Kreaturen mit minimalem Bewegungsaufwand mit einer beängstigenden Geschwindigkeit durch das Wasser. Die Einheimischen meinten bloss, dass diese Art Hai "Vegetarier" sei und keinerlei Gefahr von ihnen ausgehe. Beim zweiten Ausflug in dieses Gebiet bestätigte sich dann diese Aussage, obwohl es mir immer noch nicht 100% wohl in 2-3 Meter Abstand zu einem genauso grossen Meeressäuger war... Zumindest können wir uns nicht beklagen, dass unsere Reiserei nicht hie und da für Action sorgt!

Nach fast einer Woche auf dieser kleinen Insel machen wir uns auf den Weg zur nächstliegenden Insel namens Koh Pha Ngan. Berühmt/berüchtigt für ihre "Full Moon Raves" am Strand mit so genannten "Magic Mushrooms" (Psychotrope Pilze) und der Verfügbarkeit jeglicher sonstiger Drogen (trotz schwerster Strafen) erlebt diese Insel einen besonders starken Influx von "très cool" Travellern. Trotz dieser Reputation ist Pha Ngan eine sehr schöne Insel und es ist ohne Weiteres möglich, von den zwei Rave-Stränden wegzukommen.

Wir setzen uns nach der Ankunft in einen Pickup Richtung Norden der Insel und lassen uns über eine Piste, die uns sehr an Strecken in den Bergen Vietnams erinnert, über einige Hügel bis zu einer recht ruhigen und nicht besonders entwickelten Bucht fahren. Nachdem wir uns in einem schönen, kleinen Hüttchen eingerichtet haben, fangen wir an, den Strand und die Bucht zu geniessen.

Wir müssen uns erst mal daran gewöhnen, dass die meisten Leute an diesem Strand nur für 2 Wochen hier sind und noch meist voll auf "Hyper-Hyper" sind. Niemand redet einfach so mit jemandem anderen, ein Lächeln wird nicht wahrgenommen, geschweige denn zurückgegeben, kommt das Essen nicht nach 15 Minuten ist gleich der Stress da UND die Touristen hier respektieren die Gebräuche und Sitten hier überhaupt nicht - für uns ist ein barer Busen am Strand inzwischen äusserst vulgär, genauso wie ohne Hemd oder T-Shirt ins Restaurant zu kommen. => Aber man muss ja nahtlos so braun wie nur möglich werden, sonst ist man ja nicht weg gewesen, nicht?

Der gehobene Standard dieses Strandes bringt jedoch andere schöne Sachen mit sich, die man sonst an "Backpacker"-Orten nicht bekommt: Westlicher Food schmeckt so, wie er sollte und die anderen Speisen sind mit mehr Sorgfalt zubereitet. Wir geniessen die gute Musik und das äusserst schmackhafte Essen und die Zeit vergeht wie im Fluge. Nach einer weiteren Woche entschliessen wir uns, weiterzureisen. Nicht nach Ko Samui - der Ballermann-Insel Südostasiens - sondern Richtung Malaysia und den Perhentian-Inseln. Wo Freunde von uns, welche wir in Burma kennengelernt haben, leben und arbeiten. Wir werden ihrer Einladung, sie jederzeit besuchen zu kommen, mal nachkommen.

Mit dem Boot geht's nach Surat Thani und von dort aus - dank Chantal, die ohne Backpack natürlich direkt zum Zugfahrkartenschalter gehen kann und vor allen anderen an die noch vorhandenen Tickets kommt - mit einem Nachtzug auf den letzten zwei verfügbaren Sitzplätzen an die Malaysische Grenze.

Am Endbahnhof angekommen, geht's mit dem Motorrad Richtung Grenze und die Thais stempeln uns aus dem Königreich aus. Auf der anderen Seite der Brücke lacht uns die "Immigrasi" Malaysias entgegen und wir können bereits die Halbmonde und Minarette der ersten Moschee sehen. Mal sehen, ob der Malayische Zoll besser Englisch spricht, als der Thailändische...