12.10. - 21.12.99
Tagebuch Seite 50
Bangkok - Jeden Tag neu zu entdecken...

Schon zwei Monate keine Einträge mehr geschieben - sorry. Der letzte Eintrag in 1999 wird dementsprechend ein bisschen länger, um für diese lange Zeit zu entschädigen...

Nicht mehr zu gross zu reisen hat auch seine Vorteile: Wir haben Zeit, die kleinen Dinge des täglichen Lebens hier zu beobachten, die Leute in unserer Nachbarschaft kennen zu lernen und natürlich langsam Thailändisch zu lernen. Obwohl die Schrift immer noch nicht für uns lesbar ist, lässt sich die Sprache doch recht "einfach" erlernen, da sie gleich aufgebaut ist, wie z.B. Vietnamesisch und genau so von Tönen lebt (die gleiche Silbe kann verschiedene Bedeutungen haben, je nach dem, wie sie betont wird - Thai hat 5 Töne) und wenn man mal gelernt hat, eine Frage nicht unbedingt mit dem heben der Stimme anzuzeigen, sondern das betreffende "Fragewort" anzuhängen, hat man schon den schwierigsten Teil überwunden. Sobald die Kommunikation besser klappt, kommt man automatisch überall ein bisschen mehr ins "normale" Leben der Leute rein. Das gilt auch für unsere kleine "Serie" über die verschiedenen Transportmittel, welche man in Bangkok zur Verfügung hat. 

Dieses Mal stellen wir zwei öffentliche Verkehrsmittel vor, die ohne ein Wort Thai kaum zu benutzen sind, jedoch den Transportkomfort in der Stadt erheblich steigern und sich einer hohen Beliebtheit bei den Thais erfreuen: Motorräder und Samlaws. Wir haben bereits schon mehrfach beschrieben, dass der Verkehr in Bangkok recht oft zum erliegen kommt und dann ein motorisiertes Weiterkommen nur noch im Sub-Schritttempo erfolgt. Was aber nun, wenn man es eilig hat? Kein Problem: An jeder Kreuzung und an vielen weiteren Orten stehen Typen mit fluoreszierenden Vesten bei ihren Rennmotorrädern. Diese werden von den Männern natürlich wie ihr Augapfel gehütet und sind meist zudem ein Statussymbol. Die Logik, nach der die Thais Ihr Fahrzeug auswählen besagt, dass ein schnelleres (sprich schnittiger aussehendes und greller bespritztes) Motorrad sie schneller ans Ziel bringen wird. (Dass unsere gute alte MINSK es genauso täte, lassen wir mal beiseite) 

Das Benutzen dieses Verkehrsmittels ist mit grundlegenden Kenntnissen der Zahlen und dem genauen Ziel (der schwere Teil) in Thai recht einfach. Rechnen sollte man mit ca. 10 Baht pro Kilometer (40 Rp.). Man springt auf, bekommt einen Eierschalenhelm mit asiatischen Massen in die Hand gedrückt und schon geht's los! Man schlängelt sich durch die Blechlawine und kommt zügig voran. Achtung: Die häufigste Verletzung überhaupt in Bangkok sind zerschmetterte Kniegelenke! Die Fahrer fahren manchmal mit über 50 km/h zwischen chaotischen Autoreihen hindurch und vergessen dabei, dass ihre Mitfahrer ihre Knie weiter draussen haben als ihre eigenen! Hier noch der ultimative Tip für Fans von Star Wars und diejenigen, welche die Szene im Canyon vom Todesstern nachleben wollen: Mit einem beliebigen Verkehrsmittel an den Anfang der Sathorn Nua Road (am besten am Pier), um ca. 15.30 an einem Wochentag ankommen. Einen Walkman mit schnellem, lautem Techno oder ähnlichem dabei haben. Eilig tun und mit dem am nervösesten aussehenden Besitzer des schnellstaussehendsten Motorrad verhandeln und mehrmals die Worte "keine Zeit" einbauen. Knie einziehen, festhalten und LOS! Das Ziel dieser kleinen Fahrt ist das Ende dieser 3.2 km langen, 5-spurigen, schnurgeraden, jedoch chronisch verstopften Strasse. Kostenpunkt: 30 Baht - Adrenalinschub garantiert! Woooooha!

Wesentlich gemächlicher geht es mit den so genannten (hässlich, diese neue deutsche Rechtschreibung, nicht wahr?) "Songthaews" her und zu. Diese kann man fast auf jeder Strasse erblicken. Sie sind kleine, rote Trucks, welche hinten auf ihrer Ladefläche Bänke haben ("Song" = zwei / "Thaew" = Sitzbank) und meist noch eine Art Plattform hinten, auf der man stehen kann und sich festhält. Es gibt absolut keine Möglichkeit herauszufinden, wohin diese Dinger fahren, ohne sie tatsächlich mal zu nehmen, denn Pläne zu den Routen gibt es keine. Man winkt einfach einem solchen Fahrzeug von einem beliebigen Punkt an der Strasse aus und steigt ein. Der grosse Vorteil ist, dass sich diese Fahrzeuge wiederum an einem beliebigen Punkt entlang der Strasse wieder anhalten lassen. Songthaews haben ihre Endpunkte in der Regel an Bootsanlegestellen oder "Soi"-Enden (Substrassen) und fahren los, wenn sie voll sind. Meist füllt eine Bootsladung mindestens ein Songthaew und wenn man sich ein bisschen beeilt, schafft man es, ohne Wartezeit gleich weiterfahren zu können. Leider ist es ohne ein paar Worte Thai in der Regel nicht möglich, herauszufinden wo sie hinfahren. (Ist doch meist eh' nicht so wichtig, oder?) Auf jeden Fall ist dies ein Verkehrsmittel mit welchem man sehr interessante Leute treffen kann, an Orte in Bangkok kommen kann, welche sonst auf kein grosses Interesse stossen und welches nicht (We are yet to see somebody else than us) von "Ausländern" - auch jenen, welche hier wohnen - benutzt wird. Mit 3 Baht ist man meist schon dabei.

Das Wetter im Oktober war interssant, aber nicht ganz einfach. Einerseits regnete es jeden Tag mindestens 3-4 Stunden. Aber es regnete nicht einfach so ein bisschen, sondern jeweils wolkenbruchartig und jedes Mal war Bangkok's Kanalisation auf die "Attacke" denkbar schlecht vorbereitet. Die Strasse überfluteten und nach dem Regen war an ein Überleben in einem geschlossenen Raum ohne Klimaanlage nicht zu denken => bei 300% Luftfeuchtigkeit wachsen zwar alle diese wunderschönen tropischen Pflanzen wie wild, aber uns Menschen läuft schon beim Stehen der Schweiss in Bächen runter. Wer mal in einer "Bio-Sauna" war, hat ungefähr unser Wetter hier schon mal erleben können. Dann im Verkehr zu stehen, womöglich in einer nicht klimatisierten "3 Baht 50"-Blechdose, gefüllt bis zur Überlast mit Menschen, geht schon etwas ans "Eingemachte" und ist nichts für pychologisch labile Menschen. Es soll im Dezember wieder trockener werden, heisst es - wir mögen noch nicht so daran glauben, denn seit unserer Ankunft ist es nur feuchter und feuchter geworden.

Inzwischen sind unsere Lehrer-Jobs zu Teilzeit-Jobs angewachsen, welche unsere Lebenskosten hier knapp decken (wurde auch mal Zeit!). Inzwischen lehren wir nicht nur Englisch, sondern geben auch Deutsch-Crash-Kurse für "Katalog-Damen", welche innert Wochen von einem Deutschen in Thailand abgeholt werden, um nach einer Heirat hier direkt nach Deutschland zu reisen. Unsere "Studentinnen" sind in der Regel Mädchen, welche aus kleinen Dörfern im Norden des Landes stammen und verhalten sich dementsprechend original-"Thai". Zumeist werden sie von der lokalen "Heirats-Vermittlung" (sprich: Mafia) erst kurz vor dem ersten Treffen mit ihrem Zukünftigen nach Bangkok gebracht. Meistens ist dies für die Mädchen das erste Mal, dass sie in Bangkok sind. Falls der Ehemann für einen Sprachkurs aufkommt, wird der Frau ein Sprachkurs geboten: 20 Stunden, 10 Tage à 2 Stunden und dann sollte die Frau Deutsch oder Englisch soweit beherrschen, dass ein "trautes eheliches Zusammensein" möglich ist. Der Haken an der Sache ist, dass diese Mädchen meist nicht ein Wort Englisch können und wir zuerst mal alles in unserem gebrochenen Thai vorkauen müssen. Dass so natürlich die Ergebnisse weniger als ideal sind dürfte klar sein, oder? Ins gleiche Thema fallen unsere Übersetzungen von "romantischen" Briefen die von oder nach Deutschland gehen. Dass diese Briefe dann von Englisch noch nach Thai übersetzt werden, gibt dem Inhalt doch erst den richtigen Pfiff, oder? Macht alles Spass - und um das geht's doch schlussendlich, oder?

In Bangkok vergeht kaum eine Woche, ohne dass irgendwo irgend ein Feiertag gefeiert wird. Immer wieder bei unseren Fahrten durch die Stadt beobachten wir die Aufbauarbeiten für irgend etwas und wenn wir dann am Abend nochmal vorbeikommen, ist meist die Hölle los: Food, Musik, Händler und viel, viel Rummel! Die Thais wissen, wie Feste zu feiern sind. Besonders interessant sind die grösseren Feste, bei denen die ganze Stadt mitmacht. Alle putzen die Stadt heraus, überall stehen auf einmal noch mehr Königsschreine, mehr Fahnen fliegen und mehr Orchideen blühen entlang allen grösseren Strassen.

Viele der wirklich grossen Vorbereitungen sind wegen dem Geburtstag des Königs, der am 5. Dezember stattfindet. Es ist sein 72. Geburtstag. Die 72 Jahre werden hier anders gezählt und so ergibt sich "Der sechste (und wichtigste) 12-jahres-Zyklus". (Alle zwölf Jahre wiederholen sich die Tierkreiszeichen des Mondkalenders) Tatsächlich: Entlang den grossen Boulevards zum Königspalast werden alle 20 Meter grosse Tafeln mit Bildern vom König aufgestellt. Überall sonst in der Stadt sind schon weitere Bilder, Tafeln und Gedenkschriften aufgestellt. Wenn man mal vergessen würde, dass es sich hier um den König handelt, könnte man sich in einem Land mit egozentrischem Diktator mit Orwell'schen Zügen wähnen...

Wir sind immer wieder mal bei Fernsehproduktionen oder Werbeaufnahmen als "Extras" dabei. Der Lohn ist nicht schlecht und für Transport und Essen ist immer gesorgt. Chantal war bei einem Dokudrama an der Grenze zu Kambodscha als Bekannte eines Bekannten Seidenmagnaten in Thailand auf dem Set, während meine Wenigkeit im Nordwesten als Militärmann in einem Kontrollzentrum Gefängnisausbrecher in die Luft sprengt, aber leider es nicht schafft, weil die beiden "Ausbrecher" die richtige Marke Turnschuh anhaben... Während drei Tagen waren wir beide dann noch bei einer Werbung für ein Auto von Toyota: dem "bB". Alle Darsteller waren im 60'er-Jahre-Look mit den wildesten, farbigsten und psychotischsten Disco-Kleidern unterwegs... (Chantal mit Fuchsia-farbenen kniehohen hochhakigen Stiefeln, gleichfarbenem Kleid und ein "haariges" graues Halsband und selbstverständlich farblich passendem Makeup - glatt zum reinbeissen! Wie ich ausgesehen hab' lassen wir mal... Wir werden sicher mal ein Foto in die Fotogallerie stellen.) Dieses Auto wird nur in Japan verkauft und die Webung läuft (leider) nur dort. Wenn nur jedes Casting an das wir gehen auch einen Auftrag bringen würde, wär's wirklich schön! Wiederum: Es macht viel Spass in die Welt der Filmmacherei und Werbung einzutauchen und nach "Action!" seine Minute "Fame" zu haben! Schade nur, dass sich diese Beschäftigung in der Schweiz leider nicht auszahlt...

Die Voraussagen betreffend dem Wetter haben sich bewahrheitet. Es ist tatsächich während dem Novemeber sukszessive trockener geworden. Seit Anfang Dezember haben wir keinen Tag mehr mit Regen gehabt. Was uns aber dafür niemand abkaufen wird, ist die Tatsache, dass es auch hier der Winter angefangen hat und dass dies auch eindeutig spürbar ist. Es ist am Abend sogar manchmal so kühl, dass wir langärmlige Hemden anziehen müssen, um nicht zu frösteln. Während des Tages ist es warm und trocken - sehr angenehm. Es sind auch auf einmal viel mehr Touristen da. Vielleicht hat es ja was mit dem Millenium zu tun, aber bereits ende November scheint es ein Problem zu sein, in Bangkok ein Zimmer zu finden. Vielleicht hat ja alles mit dem Geburtstag des Königs zu tun, der anscheinend dieses Mal in ungesehenem Ausmass gefeiert werden wird. Aber darüber noch später...

Geldmässig stehen wir trotz allen unseren Anstrengungen immer noch nicht besonders blendend da. Wir werden uns aller Voraussicht nach aber unsere geplanten 14 Tage über's Millenium bei einem Freund in Laos leisten können. Alles klingt immer so einfach, ist es aber nicht! Leider sind wir ja hier die "Ausländer" und müssen für jedes Land ein Visa haben und diese sind meist begrenzt. Unser Thai-Visa ist bereits "in Verlängerung" und unser Stempel hat wieder mal den Zusatz, dass wir das Königreich bis zum angegebenen Zeitpunkt verlassen haben müssen, oder sonst von der Immigarationsbehörde der Polizei gemeldet werden. Leider ist das Datum, an welchem wir aus Thailand ausreisen wollen, knapp zwei Wochen nach dem gestempelten Datum und es ist einfach nicht praktikabel für uns, wegen nur zwei Wochen Verlängerung nach Malaysia zu fahren, dem einzigen Land rund um Thailand, für welches man kein Visa beantragen muss sondern direkt an der Grenze bekommt. Was tun? Einfach: Chantal wird ihren Charme bei der "Immigration" spielen lassen müssen. Ein Besuch bei der Immigration in Bangkok ist sowieso ein Muss für jemanden, der Korruption und Missmanagement mal in der Praxis angewandt erleben will. Hier ist alles, aber alles möglich - Connections und Geld vorausgesetzt! Leute, die schon seit Jahren hier mit einem Touristenvisa bleiben - gemäss dem Gesetz ist maximal eine 30-tägige Verlängerung möglich. Hier kann man Pässe sehen, die mit Verlängerungsstempeln nur so vollgepflastert sind... Viele der Leute, die sich hier um ein Visa bemühen, können nicht einmal die Formulare richtig ausfüllen, da sie weder dem Thailändischen noch dem Englischen mächtig sind und bekommen von noch dubioseren Figuren die jeweiligen Informationen für die unzähligen Fomulare zugeraunt - interessant, nicht? Nach nur 15 Minuten, 1000 Baht & Chantal's gewinnenden Lächeln haben wir unsere beiden Pässe mit einem neuen Stempel zurück, der uns auf einmal ganz neue Möglichkeiten eröffnet und keine Missverständnisse zulässt, wie ab jetzt unsere Visaangelegenheiten zu regeln sind: "Application of further stay in the kingdom is under consideration of the commander of immigration. Holder must contact again in person on Dec. 22, 2542". Na, wenn das keine direkte Einladung zum schmieren ist, wissen wir auch nicht mehr, wie man noch deutlicher werden könnte! Zum Glück reicht uns die zusätzliche Zeit locker, um kurz vor Weihnachten nach Laos zu reisen. Jetzt müssen wir uns nur noch um das Lao-Visa kümmern, ein Zugticket in den Norden ergattern und schon ist alles bereit für ein friedliches Millenium in einem Land, in welchem der Strom ausser in der Landeshauptstadt um 22 Uhr ausgeschaltet und erst am nächsten Tag um 18 Uhr wieder eingeschaltet wird. Wir sind ziemlich sicher, dass Laos trotz Y2k am 1.1.00 morgens problemlos "booten" wird und der starke laotische Kaffee zum Frühstück verfügbar sein wird. Mal sehen...

Bereits ist schon ein weiteres Jahr für uns beide vorüber. Drei Jahre "on the run", könnte man fast sagen - und immer noch mightily alive and definitely kicking. Immer (noch) auf dem Weg irgendwohin. Kleine Statistik am Rande: Wir sind inzwischen länger in Thailand als wir uns in den letzten drei Jahren gesamthaft in der Schweiz aufgehalten haben und wesentlich länger an einem Stück in Bangkok als an einem Stück zusammen in der Schweiz. Können wir uns denn je wieder an ein normales Leben gewöhnen? Mit allem Komfort und so? Interessante Frage, auf die wir absolut keine Antwort haben. Wer hat denn gesagt, dass wir denn je zurückkommen werden? ;-)

Mitte November war wieder mal eines der Fester, an denen die ganze Stadt teilnahm. "Leukrotong". Dieses Fest war bereits bekannt, als Bangkok noch das war, was sein Name andeutet: Stadt am Dreck. (Alle Touristen bekommen "Stadt der Engel" als Übersetzung des Stadtnamens angegeben. Dies ist nur teilweise richtig: Diese Übersetzung bezieht sich auf den Namen unter welchem Bangkok bei den Thais bekannt ist: Krung Thep, Stadt der Engel. Bangkok war vor einigen hundert Jahren nichts anderes als ein Umladehafen, wo Meerschiffe ihre Ladung auf kleinere Langboote umluden, da die Lehmbänke (darum der Dreck) bei den Flussbeugungen bei Bangkok ein Weiterkommen verhinderten.) Der Chao Praya, der Fluss an dem Bangkok liegt, unterliegt immer noch den Gezeiten und ändert zwei mal am Tag seine Flussrichtung. Dieses Zusammenspiel ist ein recht fragiles System und wird mehrmals Jährlich durch die unglaublichen Regenmassen des Monsunregens durcheinandergebracht und führt zu grossen Überschwemmungen in den fruchtbaren Ebenen im Norden. Knapp zwei Autostunden nördlich von Bangkok liegt die alte Königsstadt Ayutthaya. Dort gab es einmal eine Königin, welche daran glaubte, dass die Göttin des Wassers während des Jahres jeden einzelnen Menschen beobachtet und aufgrund seiner Handlungen Gutes oder Böses im folgenden Jahr bringt. Die Königin entschied sich, mit einem kleinen Boot mit Blumen, Räucherstäbchen, Kerzen und kunstvoll gefalteten Bananenblättern die Göttin um Vergebung und gute Einflüsse zu bitten. Dieses Vorbild setzte sich entlang des ganzen Flusses durch und so ist dies heutzutage ein riesiges Fest in einer Vollmondnacht an welchem die Leute an jedem Gewässer - Fluss, Klong oder Bach - ihre Leukrotongschiffchen nach einem kurzen Gebet ins Wasser legen und auf die Reise schicken. Klar haben wir auch jede Menge guter Einflüsse (jeglicher Art) nötig und haben uns unsere Leukrotongschiffchen gekauft vor unserem Haus - zusammen mit allen unseren Nachbarn - im Klong schwimmen lassen. Nachher gingen wir durch eine hell erleuchtete Stadt mit unzähligen Festern und Aufführungen, liessen uns den Food schmecken und beobachteten das wilde Treiben, das bis in die frühen Morgenstunden anhielt. Wir hoffen doch schwer, dass unsere Gabe an die Wassergöttin plus unsere Gebete helfen...

Kurz darauf ist es dann soweit: Der Geburtstag des Königs ist da! Während drei Tagen werden hier in Bangkok etliche Millionen Menschen mehr sein, als normalerweise. Da der Geburtstag gleichzeitig auch Vaterstag ist, feiern viele daheim bei ihren Eltern und sehen den Zeremonien am Fernsehen zu. Wir haben uns entschieden, genau im Zentrum des Geschehens zu sein: Die riesige Wiese vor dem Königspalast. Es wird erwartet, dass die Feuerwerke wesentlich grösser ausfallen werden, als normal. Das gleiche gilt für die Zeremonien auf dem Platz. Schon den ganzen Tag lang war ein normales Weiterkommen per vierrädrigem Verkehrsmittel ein Witz. Je später es wurde, desto sinnloser wurde das ganze, denn die meisten grösseren Boulevards wurden aufgrund irgendwelcher Paraden gesperrt. Wir haben uns dann am grössten Boulevard mit den extremsten Königsheilbauten und unzähligen Lichterketten eine der Paraden angesehen und haben uns am Schluss dieser Parade angehägt und marschierten zum Platz vor dem Königpalast. Dort waren natürlich schon rund 100'000 Menschen und jede Minute strömten tausende weitere hinzu. Im hinteren Teil des Platzes war ein thai Boxring aufgestellt und ganz vorne sammelten sich die verschiedenen Gruppen von den ca. 6 verschiedenen Paraden, welche alle ihren Endpunkt hier hatten. Speziell interessant waren die Chinesen mit ihren tanzenden Drachen und grell scheppernder Musik. Wir fanden ein Plätzchen mittendrin und machten uns mit den verschiedenen Familien rund um uns herum bekannt. Allesamt sind aus dem Hinterland hierhergekommen, um ihrem König die Ehre zu erweisen. Es herrscht eine Picknic-Jahrmarktstimmung. Alle sitzen am Boden in Gruppen und lassen immer wieder Händler kommen, die natürlich hier ihr grosses Geschäft haben. Wir machen das Gleiche und sind innert kurzer Zeit ausgestattet mit Reis, Grillwaren und Eiskaffee aus Plastiksäcken. So lässt sichs leben! Selbstverständlich sind wir für alle rund um uns herum sehr interessant und so beantworten wir wieder mal die gleichen Fragen, die wir wahrscheinlich schon mindestens 1000 mal gehört haben. Nicht, dass es uns stören würde.

Kerzen werden an alle verteilt. Die Lautsprecher quäken etwas und alle erheben sich. Die Kerzen werden angezündet und kurz darauf gehen zur gleichen Zeit alle Scheinwerfer rund um den Platz aus und an allen Gebäuden rund herum wurden die Beleuchtungen ausgeschaltet. Die goldgelben Beleuchtungen des Königspalastes und hunderttausende Kerzen waren auf einmal die einzigen Lichtquellen. Nach einem nicht ersichtlichen Signal begannen auf einmal alle das "Königslied" zu singen, welches man auch vor jedem Kinofilm oder Aufführung zu hören bekommt. Ein magischer Moment mit all diesen Kerzen und dem goldenen Palast im Hintergrund. Es werden noch einige andere Lieder gesungen und dann werden die Pyrotechniker aktiv: Eine Schrift mit Logo des Königshauses wird entzündet und alle beginnen zu klatschen. Dann geht es erst richtig los! Zeitlich auf einander abgestimmt werden 6 verschiedene Feuerwerke zu einem grossen Ding verschmolzen und man meint fast, dass sich die verschiedenen "Locations" in einem freundlichen Duell zeigen wollen, wer hier die besten Feuerwerke für den König in den Himmel schiessen kann. Es war das grösste Feuerwerk, welches wir beide jemals zu Gesicht bekommen haben. Nach dieser Show wurden die Scheinwerfer wieder eingeschaltet und die Menge drängte sich Richtung Boxring, wo für die nächsten 24 Stunden zu Ehren des Königs geboxt und geprügelt wird. Thai Boxen ist nicht nur der Kampf selber, sondern auch das ganze Drumherum: Die Schräge und schrille Quäkmusik, die Wetteinnahmenhändler und nicht zuletzt die Zuschauer, die jeden Schlag, den einer der Boxer landet, mit einem "UUUI" oder " AAI" kommentieren. Die Schau ist es auf jeden Fall wert. Überall in der Stadt wurden später noch eigene (nicht minder spektakulär aussehende) Feuerwerke entzündet. Wir machten uns nach einigem Zusehen beim Boxring wieder auf den Weg zu unserer Wohnung, die zum Glück von hier aus einfach innert 45 Minuten zu Fuss erreichbar ist.

Der nächste Tag, zwar ein Montag, aber auch ein Nationalfeiertag war dann dominiert durch die Tatsache, dass nun endlich die BTS (Hochschieneneisenbahn) in Betrieb genommen wurde. Wir versuchten sie zu nehmen, nahmen aber dann Abstand davon, als wir sahen, was für ein Chaos durch die Menschen und ihre asiatische Art und dem Zusammentreffen mit High-Tech, welche aus Europa für Europäische Logik entwickelt wurde, entstand. Erstes Beispiel: Für die Hauptstation, wo sich zwei Linien kreuzen sind bloss 3 automatische Fahrkartenverkaufsmaschinen aufgestellt worden. Zudem sind diese Maschinen - trotz ihrer einfachen und intuitiven Bedienung - für Thais anscheinend ohne Hilfe nicht zu bedienen. Demnach stehen an jeder Maschine Angestellte der BTS und fragen, wohin denn die Leute wollen und drücken für die Leute die entsprechenden Tasten - Automation in Höchstform! Eine weitere Sache, welche von der Siemens anscheinend nicht bedacht wurde, ist die Tatsache, dass jemand die Maximalstrecke (45 Baht) ausschliesslich in 1-Baht Stücken bezahlen will. Die Automaten akzeptieren diese Art von Zahlung nicht und geben nach 35 Münzen im Schacht auf. Hat man dann mal sein Ticket (wir haben es zu einem späteren Zeitpunkt doch noch mal probiert) geht's weiter mit dem Trauerspiel: Überall sind Tafeln, die zwar "Keep Right" vorgeben, aber keiner hält sich daran und so treffen halt auf einer recht engen Treppe Menschenmengen, die runter wollen, auf solche, die rauf wollen. Flow Management in Höchstform. Genau ins gleiche Thema gehen die Gates und Ticketkontrollmaschinen. Wiederum Siemens hat es nicht geschafft, ein Ticket zu entwickeln, bei dem es egal ist, wie man es in den Schlitz steckt. Murphy beschribt wieder ganz klar, dass ein Durchschnittsthai erst alle 3 anderen falschen Kombinationen ausprobieren wird, bevor das Tiket endlich die richtige Richtung findet. Die Folge: Wiederum je ein Angestellter pro Gate, welcher einem das Ticket abnimmt und in den Schlitz stopft. Arbeitsbeschaffung total! Ein paar Hocheisenbahnen mehr in Thailand und die Arbeitslosigkeit ist bezwungen! Zu guter letzt: Überall stehen kleine Kartentafeln herum, welche helfen sollten, wenn man mal nicht weiss, wohin man gehen muss, um an einen bestimmten Punkt zu gelangen. Dass Thais fast zu 100% mit Karten überhaupt nichts anfangen können und ein recht beachtlicher Prozentsatz überhaupt nicht oder nur schlecht lesen kann, mit dem haben die Italienischen und Deutschen Designer nicht gerechnet. Trotz allen diesen kleinen Dingen ist die BTS ein Geschenk für Gestresste entlang zwei bis drei der ewig verstopften Strassen. Leider können sich die wenigsten Arbeiter, die jeden Tag in die Stadt und wieder raus fahren müssen, jeweils bis zu 45 Baht pro Fahrt leisten und werden immer noch die Strassen mit ihren Motorrädern oder in Bussen befahren. => Auch nach zwei Wochen ist keinerlei Veränderung im Verkehrsmuster und dem Volumen festzustellen. Zudem ist das Netz immer noch verhältnismässig klein. "Wir bleiben dran", würde der Tagi sagen.

Als hätten wir nicht andere Sorgen, muss Andrew nur zwei Tage vor unserer Abfahrt wiederum mit einer Entzündung ins Spital. Diesmal scheinen wir wenigstens rechtzeitig gegangen zu sein, denn mit einer Drainage und einem Zyklus von Antibiotika soll alles wieder in Ordnung sein und falls der Laborbericht nicht gravierend ist, sollte Andrew auch ohne spezielle weitere Medizin nach Laos fahren können/dürfen.

Morgen ist es dann soweit, wir packen das Nötigste ein und machen uns nach einer letzten Stunde Englischer Konversation auf den Weg. Auf nach Laos! Ruhe, keine Staus und frische Luft! Wir freuen uns schon irrsinnig darauf. Wir melden uns wieder mit einem Eintrag nach Neujahr -> bis bald!