Am
nächsten Morgen um 7 Uhr an einem Bahnhof kurz vor der Malayischen Grenze
stiegen wir aus unserem Wagen aus. Mit leichtem Nebel im Kopf blinzeln wir
in die aufgehende Sonne und beobachten das geschäftige Treiben auf dem
Bahnsteig, als plötzlich aus den Bahnhofslautsprechern eine Durchsage ertönt
(die für uns nicht anders klingt, als all die Anderen der letzten Minuten)
und alles steht still. Still! Keiner rührt sich, keine Gespräche mehr,
kein Lärm - alle sind stehengeblieben, wo sie gerade waren und warten, als
hätte jemand den Film angehalten! Diese äusserst surreale Situation
dauerte noch einige Sekunden an, bis aus den Lautsprechern dann die
Nationalhymne erklang. Speziell interessant war dann der Augenblick, als
sich dann die ganze Menge wieder in Bewegung setzte und der Asien-typische Lärm
wieder begann. - Wow! Mitsingen ist übrigens erlaubt.
Die
Grenze und Fahrt bis nach Butterworth waren einfach und uninteressant.
Stempelchen da, Stempelchen dort - nein, bitte keine neue Seite bestempeln,
sonst müssen wir zu allem hin noch einen neuen Pass beantragen! Zum ersten
Mal während unserer ganzen Reise fragt uns ein Zollbeamte, ob wir Alkohol
dabeihätten (und schnüffelt nicht an unserem Shampoo herum). Ja, sagen
wir: eine angebrochene Literflasche Gin, welcher gemischt mit Tonic, Eis und
Zitrone unsere Malariaprophylaxe :) und allheilendes "Traveltonikum"
darstellt. In Butterworth, einer kleinen, unbedeutenden Industriestadt und
um so grösseren Seehafen, steigen wir dann aus dem Zug und folgen den
Tafeln, bis wir am Fährterminal sind und auf die Abfahrt der Fähre auf die
Insel Penang warten. Die Überfahrt dauert 30 min und von Weitem schon grüssen
uns an der Nordküste die hohen und hässlichen Betonklötze der
Hotelresorts. Nach der Ankunft finden wir in der "Altstadt" recht
bald ein nettes Guesthouse, in welchem wir uns einmieten.
Es
ist Freitag, gemäss unserer Uhr kurz nach 3 Uhr und unser Ziel ist es, möglichst
schnell an unser Visa zu kommen, damit wir noch eine Woche lang entlang der
Westmalayischen Küste langsam Richtung Thailand reisen können. Die
Visa-Sektion des Konsulats hat bis 16.00 geöffnet - sollte doch problemlos
reichen, oder? Täte es auch, wenn wir nicht an der Grenze wieder einmal
eine Zeitzone zu Fuss überquert hätten - Es ist also schon vier Uhr und
somit schaffen wir es ganz bestimmt nicht mehr.
Wir
beginnen die kleine Stadt Penang zu erkunden und entdecken, dass die ganze
Innenstadt noch im kolonialen Stil steht. Leider (oder zum Glück) hatten
die Leute hier keine Zeit oder kein Geld, die Häuser zu renovieren und so
ergibt sich ein sehr schönes "vergangener Glanz"-Ambiente. Jedes
dieser zweistöckigen Häuser, welche Strassenzugweise gleich sind, hat im
unteren Teil einen Laden oder ein kleines Business, während im oberen
Stockwerk die Besitzer leben. Was aber das Ganze erst speziell macht ist die
Tatsache, dass man Penang ob den ganzen chinesischen Zeichen mit einer Stadt
in China verwechseln könnte. (Obwohl jeder, der in China war weiss, dass es
diese Art Zusammenstellung von Architektur längst nicht mehr gibt) Jeder
Laden, jeder Service wird zuallererst in Chinesisch, dann in Hindi (!!) und
erst an dritter Stelle in der Landessprache Malay beschriftet. Englisch
findet man nur an Orten, welche für Touristen gedacht sind. Das ist aber
kein weiteres Problem, denn Malay ist recht "lesbar". Unsere
Buchstabend benutzend bedient sich die Sprache vieler Lehnwörter aus dem
Lateinischen und Englischen. So dürfte es jedem klar sein was "Syampu",
"Ekspres", "Teksi", "Konsert" oder "Seriff"
heisst, oder?
Was
uns besonders gut gefällt, sind die unzähligen muslimischen, indischen und
chinesischen Strassenrestaurants, wo man äusserst günstig besten Food zu
sich nehmen kann. Wir entdecken für uns einen kleinen, offenen Laden, wo
wir bei einem lebhaften Inder auf 60er-Formica-Tischchen beste Curries
bekommen und schwören uns, jeden Tag mindestens einmal zu kommen. (Es gibt
keine Worte, welche passend diese Curries beschreiben können - wir sind
durch unsere indischen Freunde in der Schweiz weiss Gott verwöhnt und
wissen, wie Curry schmecken sollte...) Während wir beim Essen sind, im
Hintergrund aus dem Radio ein Prinz in Hindi seiner Prinzessin in einem
ultraschnulzigen Lied seine Liebe gesteht, beginnt der Muezin über die
Lautsprecher der Minarette die Gläubigen der Stadt zum Gebet in die Moschee
zu rufen. Genau jetzt kommt das Gefühl endgültig rüber, in einem
Muslimischen Land zu sein. Nur in Penang gibt es dermassen viele Chinesen,
deren Frauen nicht bedeckt sind, dass es sonst kaum auffällt. Diese
Tatsache hält aber kaum die Ladenbesitzer davon ab, die Läden am Freitag,
ihrem heiligen Tag, zu schliessen. Wir hatten uns eh' schon gefragt, ob hier
denn die Wirschaft total zusammengebrochen ist, denn mehr als die Hälfte
der Läden war bei unserem kleinen Rundgang geschlossen.
Nachdem
wir uns morgens vom Muezin wecken liessen - markerweichend diese Töne, wenn
der Lautsprecher nur 50 Meter Luftlinie weg ist -
hatten wir uns vorgenommen, die Stadt und die umliegenden Hügel und
botanischen Gärten zu erkunden, jedoch setzten die aufziehenden Wolken und
der kurz darauffolgende schwere Regen dem ganzen Vorhaben Grenzen. Auf jeden
Fall fühlen wir uns hier in Malaysia fast schon in einer ZU zivilisierten
Welt, denn hier gibt es 1. markierte Parkplätze (!) 2. Parkuhren (!!) 3.
Autofahrer, welche diese auch füttern (!!) 4. Rotlicht-Blitzgeräte (!!!)
und last but not least: Polizisten, welche BUSSEN (!!!) verteilen. All diese
Dinge sind uns schon vom Konzept her dermassen fremd geworden, dass wir
wahrscheinlich wie zwei "Depperte" dortstanden und kopschüttelnd
einander sagten, wie unglaublich doch Parkuhren und das Konzept dahinter
seien.... Anyway - wir fühlten uns etwas "Überwacht" und fanden
das Ganze etwas "Überorganisiert" und freuten uns schon dann
wieder auf "mai pe lai" (ist egal, no problem) Thailand. (und
sehnten uns insgeheim wieder nach Vietnam oder Laos, wo alles weniger
reguliert und die Polizei - wenn überhaupt anwesend - bestechbar oder
schlicht uninteressiert ist...) Auch das Malaysische Geld unterstreicht den
fortgeschrittenen Stand des Landes: Seit 1997 im Umlauf, sieht es den neuen
Schweizer Noten erschreckend ähnlich. Die meisten Sicherheitsmerkmale,
welche von blossem Auge erkannt werden können, kann man bei den Schweizer
Noten auch finden - auch das grundlegende Design ist modern und kann sich
mit jeder "Westlichen" Währung messen. Einzig und allein die
Motive, welche dargestellt werden, sind etwas komisch: Satelliten und Funktürme,
Eisenbahnen und Containerschiffe, Flugzeuge und Autoassemblagenroboter -
jedes sozialistische Land würde den Malayen das Design liebend gerne
abnehmen, denn diese Regierungen stehen extrem auf solche Dinge, da sie den
"wissenschaflichen" Fortschritt des Landes nach
marxistisch-leninistischem Vorbild aufzeigen (oops, bin ein bisschen
abgeschweift, sorry!).
Überall
in der Stadt findet man neben den Chinesischen und Indischen Referenzen auch
jede Menge Englische. Für Andrew war es eine sehr natürlich wirkende
Sache, entlang der "Campbell Road" Richtung der "Buckingham
Avenue" zu schlendern und eine Frage, die sich uns in diesem
Zusammenhang ergab, war wo denn wir noch hinreisen müssen, um einen "Pfammatter
Boulevard" zu finden...
Der
Regen lässt nicht nach, sondern "gibt gas" (sofern es überhaupt
möglich ist, mehr zu regnen) . Wir haben bestimmt jede Art von Monsunregen
schon miterlebt, aber dieser hier ist mit nichts vergleichbar. Zudem hat
dieser Regen nicht die Eigenschaft, nach einer halben Stunde wieder aufzuhören
- was eigentlich normal wäre. Wir bleiben im Guesthouse und bewegen uns
nicht mehr weit. Abends stellen wir dann fest, dass unser Curryladen
geschlossen hat! Das darf doch nicht wahr sein! Wir nehmen mal an, als der
Inder gesagt hat, dass wir wiederkommen sollten, es für den Sonntag gemeint
war. Diese Tatsache - so traurig sie auch sein mag - ist jedoch kein grösseres
Problem, denn unser Guesthouse ist, wie gesagt, mitten in der Altstadt und
die Aufgabe, einen anderen Essensstand zu finden birgt bloss "die Qual
der Wahl".
Während
der Nacht regnet es dann dermassen stark, dass der Regen ins Guesthouse
dringt und wir unsere Betten verschieben müssen. Der Regen lässt auch am nächsten
Tag nicht nach und "unser" Inder öffnet auch heute seinen Laden
nicht. Wir gehen wiederum auf einen kleinen Rundgang, sind jedoch bereits
nach einigen Minuten trotz Regenschutz bis auf die Knochen nass, da nun der
Regen dank aufgekomenen Wind nicht mehr gerade vom Himmel fällt. Wir kaufen
uns Tonic und machen es uns auf dem Balkon des Guesthouses mit unseren Büchern
bequem und harren der Dinge, die da noch kommen mögen.
Der
Sonntag vergeht ohne grössere Abweichung, was die Niederschlagsmenge und
unserem Tagesablauf betrifft - Nicht dass wir uns beschweren würden:
Chinesische nondescript-Fischball-Suppe zum Frühstück, Tandoori oder Roti
oder Nasi wasauchimmer (Nasi=Reis) mittags und abends -> die schiere
Auswahl ist überwältigend. Die Malaysische Touristeninformationsstelle,
welche eine Karte von Malaysia ausgibt, beschreibt Penang als einen Ort mit
"exeptional Food" - so isses!
Wiederum
nachts werden unsere Betten ob dem Regen, der den Weg in unser Zimmer
findet, feucht. Die Regenmengen sind unglaublich: Zeitweise können wir
keine 30 Meter weit aus dem Fenster sehen und von Schlaf kann keine Rede
sein.
Dafür
lacht uns am nächsten Morgen ein blauer Himmel und eine warme Sonne
entgegen und unser Inder hat geöffnet. Während wir unser "Frühstückscurry"
verspeisen, (ohne Besteck, nur mit der rechten Hand, denn was macht man mit
der Linken? - Richtig, die "hygienischen" Funktionen und darum hat
diese Hand im Essen nichts zu suchen) erklärt er uns, dass er eigentlich
jeden Tag geöffnet hat. Nur hatte seine Familie und sein Haus beim
Tropischen Sturm "Magda" pech: es wurde überschwemmt und seine
Familie brauchte ihn dort. Die "New Straits Times" bestätigt dann
die Geschichte: "Magda" brachte schwere Überschwemmungen und
Erdrutsche nach Penang und umliegende Küstengebiete.
Wir
geben unsere Pässe beim Konsulat ab und können sie am nächsten Tag
bereits schon wieder abholen kommen. Mit dem schönen Wetter als Triebfeder
nehmen wir die Stadtbusse und erkunden die nähere Umgebung. Ausser noch
mehr blendender Gelegenheiten, sich den Bauch vollzuschlagen und einem
Einkaufszentrum namens Komtar mit einem 60 Stockwerke hohen Turm, in dessen
58. Stock ein Toristenzentrum eingerichtet wurde, gibt es nicht besonders
viel zu "sehen". Die Strände sind uns zu weit weg und auch zur
Zeit nicht die besten Orte zum hingehen, denn der Sturm hat anscheinend
viele der Hütten (und Guesthouses) am Strand zerlegt und in die Betonklötze
wollen (und können) wir uns nicht einmieten. Wir kaufen uns am gleichen
Nachmittag die Zugtickets zurück, weil wir wieder nach Bangkok wollen.
Unser Geld ist dermassen knapp, dass wir äusserst schnell an einige Fränkli
kommen müssen und in Bangkok haben wir einige "alternative Verdienstmöglichkeiten"-Süppchen
am kochen. Je schneller wir wieder dort sind, desto schneller wissen wir, ob
wir wieder zurück in die CH müssen, oder es noch einige weitere Tage
reicht.
Wir
bekommen das Visa ohne weitere Probleme ausgestellt und geniessen am Abend
wiederum ein wunderbares Mahl bei "unserem" Inder. Als wir da so
sitzen, sagen wir einander: "Wird eine recht lange Zeit sein, bevor wir
wieder solchen Food bekommen, nicht?". "Schon wahr", lautet
unsere Schlussfolgerung. "Was für einen Unterschied machen 2-3 weitere
Tage hier auf Penang denn schon aus?", fragen wir uns. "Es ist
doch überhaupt kein Problem, das Zugticket um diese Zeit zu
verschieben", stellen wir fest. - Gesagt, getan: wir bleiben nochmals
zwei weitere Tage, nur des Essens wegen!
Auch
diese weiteren zwei Tage vergehen im Fluge und die Zeit ist gekommen, uns
wieder auf den Weg Richtung Thailand zu machen. Wir steigen in Butterworth
am Nachmittag ein, um erholsame 22 Stunden später wieder die heisse und
dicke Luft von Bangkok einzutauchen, welche unsere Morgenluft darstellt, die
wir schnuppern sollten. Wir haben noch Geld für zwei weitere Wochen hier,
wenn wir's ganz knapp planen vielleicht drei, dann ist Schluss - oder? -
Oder was? A ver!
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