21.7. - 21.8.99
Tagebuch Seite 46
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Bangkok - Getting back to a normal life
Hans ist nun für nochmal eine Woche weg und wir sind mit Carmen alleine da. Immernoch müssen wir jeden Tag ins Spital und dieses Element bestimmt unseren Tagesablauf stark. Die Ärzte sind zuversichtlich, dass meine Wunde bis in 3 Wochen keiner Pflege mehr bedarf. Wir treffen mit vielen Leuten zusammen und erkundigen uns nach den Möglichkeiten, kurzfristig irgendwo arbeiten zu gehen, um ein bisschen Geld zu verdienen. Leider bekommen wir nicht nur von diesen Leuten, sondern auch von den Firmen eine klare Auskunft: Es werden keine "Farangs" (Fremde) mehr angestellt. Seit der Krise vor zwei Jahren, in welcher viele Thais arbeitslos geworden sind, werden nur noch Thais angestellt.

Das Gemeine an der ganzen Sache ist, dass auch wenn sie uns anstellen würden, bekämen wir nicht mehr als den Normallohn der Thais und diese arbeiten als qualifizierte und erfahrene Leute (Uniabschluss und meherere Jahre Arbeitserfahrung) für 600 Franken im Monat, was im asiatischen Schnitt eine grosse menge Geld ist. Nur: Wir beide geben, weil wir Farangs sind, pro Monat mehr als diese Summe Geld aus, nur um zu überleben. Es macht also fast keinen Sinn, nach Arbeit zu suchen. Wir müssen nach alternativen Methoden suchen, um an Arbeit und Geld zu kommen…

Eines Abends fragt mich Carmen, ob ich denn einen Internationalen Führerausweis habe. Ja, sicher. Ob ich sie denn nicht zur Panthip Plaza fahren könne, denn sie wolle ein bisschen nach einem schnelleren Modem für ihren Computer daheim schoppen gehen. Zuerst bin ich schon ein bisschen unsicher, ob ich das auch machen soll. Hans' Auto ist ein Volvo 850, so neu und so unverkratzt. In Thailand wird auf der linken Seite der Strasse gefahren und der Verkehr ist zwar schon geregelter als irgendwo sonst in Asien, aber trotzdem nicht ein Zuckerschlecken, wenn man ohne Kratzer überleben soll. Ich weiss nicht ob ich mit allen diesen Parametern die nach Vorsicht schreien klarkomme. Ich stimme schlussendlich zu und einige Minuten später sitzen wir alle im Auto und fahren los.

Der Verkehr ist gar nicht so schlimm - auch die Rushhour nicht (solange die Aircon funktioniert!). Keine Wiederholung, von dem was wir gesagt haben, denn auch als Verkehrsteilnehmer ist es ganz ok. Zürich während der abendlichen Rushhour ist komplexer, da jeder auf seinen Vortritt beharrt und wenig flexibel ist. Wir schaffen die 4.6 Kilometer zur Panthip Plaza in knapp 1 Stunde - was gemäss Carmen ein guter Wert ist.

Die Panthip Plaza ist unglaublich: Wie eine Messe aufgebaut - mobile kleine Stände und Lädelchen - kann man hier auf 5 Stockwerken alles einkaufen, was man für den Computer braucht. Software kostet fast nichts. Es sind alles Kopien. Frontpage 2000 - 3 Franken. Adobe Photoshop mit Tutorial und Framemaker - 10 Fr. Office 2000 (Enterprise edition) - 20 Fr. da viele CD's. Hardware kann man vom neuesten bis zum Ältesten (Ein Apple II gefällig?) in schönen kleinen Computer "Boutiquen" oder am CPU-Ramschtisch kaufen. Alles in allem ist die Mischung zwischen Jahrmarkt und Messe und die schiere Menge des Angebotes beeindruckend. Interessant ist die Tatsache, dass die Softwarestände keine einzige CD am Stand haben. Wenn man eine CD kauft, wählt man diese aus und sagt dies dem Ladenbesitzer. Dieser schnappt sich sein Mobilfon und gibt die Nummer der CD durch. Nach einigen Minuten wird man vom Ladenbesitzer auf einen Mann aufmerksam gemacht, der weit vom Stand weg steht. Diesem gibt man das Geld und bekommt dann die gewünschte CD. So sind die Standbesitzer geschützt, denn sie verkaufen ja keine CD's, der Mann hat ja nur eine CD auf sich und das Lager ist (sollte die Polizei trotz des vielen Geldes, die sicherlich im Hintergrund geflossen sind, mal auf die Idee kommen, eine Razzia zu machen) mehr als nur mobil. Die thailändische Regierung macht unseres Erachtens noch weniger als die chinesische, um dieses Business einzuschränken. Und es ist ein grosses Business! Nicht nur Software, sondern auch Musik aller Art!

Mit Frontpage machen wir uns an die Aufgabe, unserer Page einen neuen Look und ein paar neue Services zu verpassen. Zudem sind Einträge zu schreiben. Mit diesen Aufgaben und abendliches Herumchauffieren im Bangkoker Verkehr (unsere Durchschnittgeschwindigkeit gemäss Bordcomputer 7.4 km/h, Benzinverbrauch 39l/100km) vergeht die Zeit relativ schnell.

Anfangs August bekommen wir dann ein Email von unseren schwedischen Freunden, welche zur gleichen Zeit mit uns begonnen hatten zu reisen, dass sie nun von Afrika noch für 3 Wochen nach Thailand kommen werden, bevor sie wieder heimreisen werden. Wir sind glücklich darüber, sie wieder zu sehen. Auf der anderen Seite aber betrübt es uns, dass sie nicht mehr irgendwo unterwegs sind. Wir hatten uns immer wieder getroffen und immer wieder auf dem Laufenden gehalten. Jetzt gehen sie zurück, schade! Sie verbringen die letzten 2 Wochen auf Koh Samui und wir werden sie treffen, bevor es auf den Flieger geht.

Eines Tages kommt dann Carmen und sagt, sie hätte einen kleinen Auftrag für mich. Ob ich nicht ihre Telefonzentrale neu programmieren könnte und vor allem eine Bestandesaufnahme der Verkabelung machen. Kein Problem. Und schon ist es so weit: Nach 15 Monaten stehe ich wieder da, mit einem Manual in der Hand und programmiere an einer PBX herum. Macht richtig Spass. Vielleicht lässt sich das ja ein bisschen ausweiten?

Chantal versucht sich in der Küche mit Kochen und das Ergebnis ist brillianter "westlicher" Food. Zudem ist sie vollzeit mit dem Anschreiben und ordnen von unseren 1400 Fotos, welche wir hier entwickeln liessen, beschäftigt. Nebenbei muss auch eine gewisse Ordnung in die ganzen Quittungen kommen, welche wir für die Krankenkasse inzwischen gesammelt haben. (Vielleicht bekommen wir ja doch noch ein Fränkli oder so zurück..) À propos Wunde. Inzwischen ist alles wieder ok, keine Besuche mehr im Spital nötig und ich habe nun endlich wieder die Erlaubnis, zu baden! Dies habe ich dann gleich ausprobiert und zwar im hauseigenen Jacuzzi und Pool. Klar, habe ich auch ausgedehnt in der Badewanne gebadet, nur in diesen Temperaturen und Luftfeuchtigkeit ist es mir nicht nach einem heissen Bad…

Wir besuchen ein klassisches Konzert für welches wir Botschafts-VIP-Tickets haben. Die Security ist hoch, denn die Schwester des Königs kommt mit Entourage in der Stretch-Mercedes-Limo an. Auch das Publikum ist eher gehoben. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir unsere Massgeschneiderten Hosen aus Hanoi noch nicht zurückgeschickt haben. Draussen steht, weil der ganze Event von BMW gesponsort wird, ein BMW L7. Noch nie davon gehört? Kein Problem, denn von diesem Fahrzeug werden jährlich weniger als 300 Stück gemäss Kundenwunsch hergestellt und die Preise sind grundsätzlich auf Anfrage. Sehr angenehmes Fahrzeug. Als es sich jeder gerade auf seinem Platu gemütlich gemacht hatte, mussten wir schon wieder aufstehen, weil die Schwester des Königs hereinkam. Die Nationalhymne wurde gespielt und dann durften sich alle wieder hinsetzen. Zum 4. Zyklus des Geburtstages des Königs hat ein thailändischer Komponist ein Stück geschrieben, welches nun speziell für die Anwesende gespielt wird. (soll sie dann zurück in den Palast gehen und dem König sagen: Momol, war nicht schlecht, was sie für Dich da zusammengestellt haben…) Diese Komposition war ein bisschen zu "modern" für uns. Der restlichen Stücke waren bekannter und älter. Schön anzuhören und schön mal wieder in einer solchen Umgebung zu sein.

Bangkok macht spass, es gibt soviel zu sehen und soviel zu tun, obwohl wir hier mehr Geld ausgeben als irgendwo auf einer Insel, bleiben wir vorerst in der Stadt, lernen sie besser kennen und lassen es uns gutgehen: z.B. wie wär's mit Schlittschuhlaufen im World Trade Center, oder einen Film im grössten IMAX-Theater der Welt ansehen, oder in ein Waterworld gehen, welches das Alpamare wie ein Fussbad aussehen lässt?

Hans kommt wieder zurück um letzte Sachen hier in Bangkok aufzuräumen und es wird Zeit für uns, uns nach einer neuen Bleibe umzusehen, denn die Wohnung wird gegen Ende August in Schachteln verpackt. Wir haben uns schon sehr an die Wohnung gewöhnt, und die Küche wird uns stark fehlen! Mal sehen wie lange wir noch hierbleiben können, ein bisschen Geld haben wir ja noch. Auf jeden Fall müssen wir am 13. September das Land verlassen und nach Malaysia gehen, da unser Thai-Visa, welches wir schon verlängert haben nun endgültig ausläuft.

Die Abschiedsparty, welche wir mit unseren schwedischen Freunden hatten, war lange und feuchtfröhlich. Wir sassen vom späten Nachmittag an bei einem kleinen Thai-Essensstand und liessen uns Essen, Bier und Mekong-Whiskey in rauhen Mengen von den umliegenden Läden und Ständen bringen. Niemand hatte etwas dagegen, dass wir um 1 Uhr morgens noch auf der Strasse sassen und zechten - der Umsatz stimmte also für die Besitzer. (normalerweise schliessen diese Stände so um die 8-9 Uhr abends) Als wir am nächsten Morgen uns zum Frühstück wieder trafen, hatten alle dringend ein Alka nötig… Aber es war schön, oder? Wir verbringen noch die letzten paar Stunden zusammen und verabschieden uns von ihnen mit schwerem Herzen. See you back in Europa, Nina & Fredrik! Nun sind alle Leute, welche wir im ersten Monat kennengelernt hatten wieder zurück in ihrer Heimat und nur noch wir sind "unterwegs". Bald müssen wir korrekterweise eher sagen "weg von zuhause", anstatt "unterwegs".

Kleiner Nachtrag betreffend dem Aufstehen in öffentlichen Aufführungen. Wir sind ins Kino gegangen und haben uns "The Mummy" angesehen. Bevor der Film begann - nach der Werbung und den Trailern - kam ein Bild vom König und zuerst in Thai und dann in Englisch kam die Aufforderung: Please pay respect to the King. Alles aufstehen und eine kitschige Bildfolge mit all den bekannten Bildern des Königs untermalt mit Orchester und Chor, welche die Nationalhymne aufführten, ansehen. Komisch, in einem dunklen Raum so zu stehen. Der Verehrungskult des Königs ist stark - überall sind Schreine zu seiner oder seiner Frau Ehren aufgestellt - die Thais respektieren ihn wie eine Gottheit und genauso wie die Religion sollte kein Fremder schlechte Worte über den König in den Mund nehmen