Hans ist nun für nochmal eine Woche weg und wir sind mit
Carmen alleine da. Immernoch müssen wir jeden Tag ins Spital und dieses
Element bestimmt unseren Tagesablauf stark. Die Ärzte sind zuversichtlich,
dass meine Wunde bis in 3 Wochen keiner Pflege mehr bedarf. Wir treffen mit
vielen Leuten zusammen und erkundigen uns nach den Möglichkeiten, kurzfristig irgendwo arbeiten zu gehen, um ein bisschen Geld zu verdienen.
Leider bekommen wir nicht nur von diesen Leuten, sondern auch von den Firmen
eine klare Auskunft: Es werden keine "Farangs" (Fremde) mehr
angestellt. Seit der Krise vor zwei Jahren, in welcher viele Thais
arbeitslos geworden sind, werden nur noch Thais angestellt.
Das Gemeine an der ganzen Sache ist, dass auch wenn
sie uns anstellen würden, bekämen wir nicht mehr als den Normallohn der
Thais und diese arbeiten als qualifizierte und erfahrene Leute (Uniabschluss
und meherere Jahre Arbeitserfahrung) für 600 Franken im Monat, was im asiatischen Schnitt eine grosse menge Geld ist. Nur: Wir beide geben, weil
wir Farangs sind, pro Monat mehr als diese Summe Geld aus, nur um zu
überleben. Es macht also fast keinen Sinn, nach Arbeit zu suchen. Wir
müssen nach alternativen Methoden suchen, um an Arbeit und Geld zu kommen
Eines Abends fragt mich Carmen, ob ich denn einen
Internationalen Führerausweis habe. Ja, sicher. Ob ich sie denn nicht zur
Panthip Plaza fahren könne, denn sie wolle ein bisschen nach einem
schnelleren Modem für ihren Computer daheim schoppen gehen. Zuerst bin ich
schon ein bisschen unsicher, ob ich das auch machen soll. Hans' Auto ist ein
Volvo 850, so neu und so unverkratzt. In Thailand wird auf der linken Seite
der Strasse gefahren und der Verkehr ist zwar schon geregelter als irgendwo
sonst in Asien, aber trotzdem nicht ein Zuckerschlecken, wenn man ohne
Kratzer überleben soll. Ich weiss nicht ob ich mit allen diesen Parametern
die nach Vorsicht schreien klarkomme. Ich stimme schlussendlich zu und
einige Minuten später sitzen wir alle im Auto und fahren los.
Der Verkehr ist gar nicht so schlimm - auch die
Rushhour nicht (solange die Aircon funktioniert!). Keine Wiederholung, von
dem was wir gesagt haben, denn auch als Verkehrsteilnehmer ist es ganz ok.
Zürich während der abendlichen Rushhour ist komplexer, da jeder auf seinen
Vortritt beharrt und wenig flexibel ist. Wir schaffen die 4.6
Kilometer zur Panthip Plaza in knapp 1 Stunde - was gemäss Carmen ein guter
Wert ist.
Die Panthip Plaza ist unglaublich: Wie eine Messe
aufgebaut - mobile kleine Stände und Lädelchen - kann man hier auf 5
Stockwerken alles einkaufen, was man für den Computer braucht. Software
kostet fast nichts. Es sind alles Kopien. Frontpage 2000 - 3 Franken. Adobe
Photoshop mit Tutorial und Framemaker - 10 Fr. Office 2000 (Enterprise
edition) - 20 Fr. da viele CD's. Hardware kann man vom neuesten bis zum
Ältesten (Ein Apple II gefällig?) in schönen kleinen Computer
"Boutiquen" oder am CPU-Ramschtisch kaufen. Alles in allem ist die
Mischung zwischen Jahrmarkt und Messe und die schiere Menge des Angebotes
beeindruckend. Interessant ist die Tatsache, dass die Softwarestände keine
einzige CD am Stand haben. Wenn man eine CD kauft, wählt man diese aus und
sagt dies dem Ladenbesitzer. Dieser schnappt sich sein Mobilfon und gibt die
Nummer der CD durch. Nach einigen Minuten wird man vom Ladenbesitzer auf
einen Mann aufmerksam gemacht, der weit vom Stand weg steht. Diesem gibt man
das Geld und bekommt dann die gewünschte CD. So sind die Standbesitzer
geschützt, denn sie verkaufen ja keine CD's, der Mann hat ja nur eine CD
auf sich und das Lager ist (sollte die Polizei trotz des vielen Geldes, die
sicherlich im Hintergrund geflossen sind, mal auf die Idee kommen, eine
Razzia zu machen) mehr als nur mobil. Die thailändische Regierung macht
unseres Erachtens noch weniger als die chinesische, um dieses Business
einzuschränken. Und es ist ein grosses Business! Nicht nur Software,
sondern auch Musik aller Art!
Mit Frontpage machen wir uns an die Aufgabe, unserer
Page einen neuen Look und ein paar neue Services zu verpassen. Zudem sind
Einträge zu schreiben. Mit diesen Aufgaben und abendliches Herumchauffieren
im Bangkoker Verkehr (unsere Durchschnittgeschwindigkeit gemäss
Bordcomputer 7.4 km/h, Benzinverbrauch 39l/100km) vergeht die Zeit relativ
schnell.
Anfangs August bekommen wir dann ein Email von unseren
schwedischen Freunden, welche zur gleichen Zeit mit uns begonnen hatten zu
reisen, dass sie nun von Afrika noch für 3 Wochen nach Thailand kommen
werden, bevor sie wieder heimreisen werden. Wir sind glücklich darüber,
sie wieder zu sehen. Auf der anderen Seite aber betrübt es uns, dass sie
nicht mehr irgendwo unterwegs sind. Wir hatten uns immer wieder getroffen
und immer wieder auf dem Laufenden gehalten. Jetzt gehen sie zurück,
schade! Sie verbringen die letzten 2 Wochen auf Koh Samui und wir werden sie
treffen, bevor es auf den Flieger geht.
Eines Tages kommt dann Carmen und sagt, sie hätte
einen kleinen Auftrag für mich. Ob ich nicht ihre Telefonzentrale neu
programmieren könnte und vor allem eine Bestandesaufnahme der Verkabelung
machen. Kein Problem. Und schon ist es so weit: Nach 15 Monaten stehe ich
wieder da, mit einem Manual in der Hand und programmiere an einer PBX herum.
Macht richtig Spass. Vielleicht lässt sich das ja ein bisschen ausweiten?
Chantal versucht sich in der Küche mit Kochen und das
Ergebnis ist brillianter "westlicher" Food. Zudem ist sie vollzeit
mit dem Anschreiben und ordnen von unseren 1400 Fotos, welche wir hier
entwickeln liessen, beschäftigt. Nebenbei muss auch eine gewisse
Ordnung in die ganzen Quittungen kommen, welche wir für die Krankenkasse
inzwischen gesammelt haben. (Vielleicht bekommen wir ja doch noch ein
Fränkli oder so zurück..) À propos Wunde. Inzwischen ist alles wieder ok,
keine Besuche mehr im Spital nötig und ich habe nun endlich wieder die
Erlaubnis, zu baden! Dies habe ich dann gleich ausprobiert und zwar im
hauseigenen Jacuzzi und Pool. Klar, habe ich auch ausgedehnt in der
Badewanne gebadet, nur in diesen Temperaturen und Luftfeuchtigkeit ist es
mir nicht nach einem heissen Bad
Wir besuchen ein klassisches Konzert für welches wir
Botschafts-VIP-Tickets haben. Die Security ist hoch, denn die Schwester des
Königs kommt mit Entourage in der Stretch-Mercedes-Limo an. Auch das
Publikum ist eher gehoben. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir
unsere Massgeschneiderten Hosen aus Hanoi noch nicht zurückgeschickt haben.
Draussen steht, weil der ganze Event von BMW gesponsort wird, ein BMW L7.
Noch nie davon gehört? Kein Problem, denn von diesem Fahrzeug werden
jährlich weniger als 300 Stück gemäss Kundenwunsch hergestellt und die
Preise sind grundsätzlich auf Anfrage. Sehr angenehmes Fahrzeug. Als es
sich jeder gerade auf seinem Platu gemütlich gemacht hatte, mussten wir
schon wieder aufstehen, weil die Schwester des Königs
hereinkam. Die Nationalhymne wurde gespielt und dann durften sich alle
wieder hinsetzen. Zum 4. Zyklus des Geburtstages des Königs hat ein thailändischer Komponist ein Stück geschrieben, welches nun speziell für
die Anwesende gespielt wird. (soll sie dann zurück in den Palast gehen und
dem König sagen: Momol, war nicht schlecht, was sie für Dich da
zusammengestellt haben
) Diese Komposition war ein bisschen zu
"modern" für uns. Der restlichen Stücke waren bekannter und älter.
Schön anzuhören und schön mal wieder in einer solchen Umgebung zu sein.
Bangkok macht spass, es gibt soviel zu sehen und
soviel zu tun, obwohl wir hier mehr Geld ausgeben als irgendwo auf einer
Insel, bleiben wir vorerst in der Stadt, lernen sie besser kennen und lassen
es uns gutgehen: z.B. wie wär's mit Schlittschuhlaufen im World Trade
Center, oder einen Film im grössten IMAX-Theater der Welt ansehen, oder in
ein Waterworld gehen, welches das Alpamare wie ein Fussbad aussehen lässt?
Hans kommt wieder zurück um letzte Sachen hier in
Bangkok aufzuräumen und es wird Zeit für uns, uns nach einer neuen Bleibe
umzusehen, denn die Wohnung wird gegen Ende August in Schachteln verpackt.
Wir haben uns schon sehr an die Wohnung gewöhnt, und die Küche wird uns
stark fehlen! Mal sehen wie lange wir noch hierbleiben können, ein bisschen
Geld haben wir ja noch. Auf jeden Fall müssen wir am 13. September das Land
verlassen und nach Malaysia gehen, da unser Thai-Visa, welches wir schon
verlängert haben nun endgültig ausläuft.
Die Abschiedsparty, welche wir mit unseren
schwedischen Freunden hatten, war lange und feuchtfröhlich. Wir sassen vom
späten Nachmittag an bei einem kleinen Thai-Essensstand und liessen uns
Essen, Bier und Mekong-Whiskey in rauhen Mengen von den umliegenden Läden
und Ständen bringen. Niemand hatte etwas dagegen, dass wir um 1 Uhr morgens
noch auf der Strasse sassen und zechten - der Umsatz stimmte also für die
Besitzer. (normalerweise schliessen diese Stände so um die 8-9 Uhr abends)
Als wir am nächsten Morgen uns zum Frühstück wieder trafen, hatten alle
dringend ein Alka nötig
Aber es war schön, oder? Wir verbringen
noch die letzten paar Stunden zusammen und verabschieden uns von ihnen mit schwerem
Herzen. See you back in Europa, Nina & Fredrik! Nun sind alle Leute,
welche wir im ersten Monat kennengelernt hatten wieder zurück in ihrer
Heimat und nur noch wir sind "unterwegs". Bald müssen wir
korrekterweise eher sagen "weg von zuhause", anstatt
"unterwegs".
Kleiner Nachtrag betreffend dem Aufstehen in
öffentlichen Aufführungen. Wir sind ins Kino gegangen und haben uns
"The Mummy" angesehen. Bevor der Film begann - nach der Werbung
und den Trailern - kam ein Bild vom König und zuerst in Thai und dann in
Englisch kam die Aufforderung: Please pay respect to the King. Alles
aufstehen und eine kitschige Bildfolge mit all den bekannten Bildern des
Königs untermalt mit Orchester und Chor, welche die Nationalhymne
aufführten, ansehen. Komisch, in einem dunklen Raum so zu stehen. Der
Verehrungskult des Königs ist stark - überall sind Schreine zu seiner oder
seiner Frau Ehren aufgestellt - die Thais respektieren ihn wie eine Gottheit
und genauso wie die Religion sollte kein Fremder schlechte Worte über den
König in den Mund nehmen
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