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Tagebuch Seite 43
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Bumrungrad Rayong - Operation Stafilococtus

 

Due to the graphic nature of the next entry, reader discretion is advised - Schwache Seelen, ihr seid gewarnt worden…

 

Angekommen in der Notaufnahme wird der Ball unter meinem Arm von den Ärzten angesehen. Ich habe inzwischen knapp 40 Grad Fieber und das geschwollene Gewebe fängt an schwarz zu werden. Sogleich hängen sie mich an ein IV und lassen grosse Mengen Saline und Antibiotika in meinen Arm fliessen. Sie verfrachten mich auf ein normales Spitalbett und ziehen mir eines dieser äusserst modischen grünen Umhängekleider an. Morgen um neun sei es dann soweit. Was ist soweit? Dann sei mein Termin für die Operation. WAAAS? Sie erklären mir, was sie vermuten: Die zwei kleinen Dinger seien zu gross geworden und sässen gleichzeitig an einer ungünstigen Stelle im Gewebe. Sie hätten angefangen, die Haut vom darunterliegenden Gewebe zu trennen. Dies sei soweit fortgeschritten, dass innen irgendwie der Eiter (und damit die Bakterien) in meine Blutbahn gelangt seien und nun der ganze Körper kontaminiert wäre. Mein Fieber sei der beste Beweis dafür. Morgen nach dem Bluttest könnten sie mehr sagen. Es gäbe aber keine Möglichkeit, ohne Operation hier Abhilfe zu schaffen und den Eiter und das beschädigte Gewebe zu entfernen. Über die Nacht fiel mein Blutdruck beständig und als Gegenmassnahme wurde mein Arm mit Saline gefüllt. Einzig eines blieb beständig: Ich fühlte mich wie ein totes Tier auf einer Autobahn, welches obwohl ständig überfahren, dadurch nicht toter wird.

Am nächsten Morgen ist es dann soweit: Keine Minute Schlaf, inzwischen extreme Schmerzen und eine Faustgrosse Kugel unterm Arm, werde ich in den Operationssaal gefahren und mir wird - entgegen Auskunft der Ärzte - eine Vollnarkose verabreicht. (Vielleicht noch zu erwähnen, dass ich noch nie irgendetwas schwerwiegenderes in einem Spital behandeln lassen musste und daher keinerlei Erfahrung mit Anästesie, IV's und sonstigen Spitalorientierten Dingen habe.) Woooha, dieses Gefühl, wenn die "Mittel" in die Ader fliessen, wie wenn man von einer Welle erfasst wird!

Dunkel.

Irgendwann wache ich wieder auf und habe - wie vorauszusehen war - immer noch ähnliche Schmerzen wie vorher. Einzig neu ist der grosse Verband rund um die Schulter. Nur leider sollten die Abenteuer für heute noch nicht vorüber sein.

Gegen 1 Uhr nachmittags geht Chantal wieder auf Koh Samet, um unsere Sachen, die im Bungalow geblieben sind, zu holen. Ich bleibe im Bett und werde von aufmerksamen Thai-Krankenschwestern gepflegt, gebettet und gewaschen (keine Schaumbäder oder Jacuzzi, leider - aber immer eine mehr als wirklich nötig und ganz gründlich, denn die fremde Anatomie scheint immens interessant zu sein…).

Knapp nach 2 Uhr geht's dann wieder los: Master Stafilococtus holt zum Gegenschlag aus! Weit über 40° Fieber, Blutdruck 75 auf 60, Ärzte und Schwesern dauernd um mich herum, literweise Saline in einen bereits aufgedunsenen Arm, unkontrollierbarer Brechreiz, Waschungen im Fünfminutentakt und Hitze/Kältewallungen in einer Halbwelt zwischen Bewusstsein und des Verlustes desselben. Als Chantal wieder gegen Abend im Spital war, hatten die Ärzte mit massivem Chemieeinsatz zumindest das Fieber unter Kontrolle und der Blutdruck war nicht mehr so bedrohlich tief. Aber dass es mir substanziell besser ging, konnte ich nicht sagen.

Ab dem nächsten Tag ging es aber wieder langsam bergauf. Nicht dass ich auf einmal pudelmunter in der Gegend herumsprang, nein das nicht. Aber zumindest fühlte ich mich nur schwach und nicht tot. Die Wunden unter meinem Arm gaben dem sich noch bildenden Eiter einen Weg ins Freie und die schweren Dosen Antibiotika, welche ich noch fast bis am Schluss per IV und dann noch per Tablette bekam fochten einen tödlichen Krieg mit dem Master.

Eine Sache ist noch erwähnenswert: Ein Telefonat in die Schweiz zur Krankenkasse und bereits eine Stunde später erklärt mir die Schwester, dass die Bestätigung gekommen sei, dass alle meine Kosten durch die Krankenkasse gedeckt werden. Effizienter Service. (Zum Kleingedruckten kommen wir im nächsten Eintrag!)

Nach fünf Tagen befinden die Ärzte, dass ich am nächsten Tag entlassen werden könne. Ich müsse jedoch jeden Tag mindestens zweimal in einem Spital die Wunde neu verbinden lassen. Wir telefonieren mit unseren belgischmexikanischen Diplomatenfreunden in Bangkok, ob wir nicht eine Woche früher als geplant kommen könnten, um mich bei ihnen in der Wohnung auskurieren zu können, denn ich bin immer noch in einem Zustand, in welchem ein Aufenthalt in einem schäbigen Hotelzimmer nicht besonders einem gesunden Geist in einem malträtierten Körper zuträglich ist. Klar doch, sagen sie - und wie froh wir darüber sind!

Am Nachmittag vor meinem Entlassungstag, habe ich bereits genügend Kraft in den Beinen, um das Zimmer zu verlassen und während einigen Minuten am Ende des Ganges und mal zu sehen, wo das Spital denn steht. Es wurde direkt am Meer gebaut und hat teure "luxury"-Zimmer, welche Meerblick haben! Das Zimmer, in welchem ich war, schaute auf die andere Seite raus und gab mir eine unverbaubare Sicht auf die grosse Petrochemie in der Nähe - auch nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass es auch Zimmer ohne jegliches Fenster gab…

Gegen Abend organisieren wir uns ein Taxi nach Bangkok, denn ich sehe mich noch nicht zur öffentlichen Busstation gehen und in einem öffentlichen Bus während 8 Stunden nach Bangkok zu fahren, nur um dort dann wieder in ein anderes Transportmittel umsteigen zu müssen. Für Chantal gilt dasselbe: Sie hat das ganze Gepäck! Morgen habe ich meine letzte Untersuchung und letztenVerbandswechsel, dann kann's losgehen…