Dir Fahrt nach Lang Cô war erfrischend kurz. Wahrscheinlich, weil
wir uns gegen den ersten Gang entschieden hatten. Auf den 60 km kamen wir sehr nahe ans
Meer und - endlich, waren wir geneigt zu sagen - kamen auch wieder einige Berge zum
Vorschein und wir konnten auch über einige kleinere Pässe fahren. Von dort aus sehen die
Reisfelder sehr friedlich aus, speziell, wenn sie bis fast ans Meer hin reichen und so
einen schönen Kontrast zum unendlichen Blau des Meeres abgeben. Als wir dann auf dem Pass
vor der Landzunge von Lang Cô ankamen, sahen wir das leuchtende Blau des Meerwassersees
und die nicht mal 200 Meter breite Halbinsel, die zwischen dem Meer und dem See liegt.
Rund um den See wuchsen nur Pinien und gaben dem See eine komisch alpine Aura - speziell,
wenn man mit einem kleinen Blick in die andere Richtung den Strand mit Palmen und das Meer
sieht. In Lang Cô angekommen quartieren wir uns ein und
verbringen zwei Tage mit nichts anderem als am Strand liegen, Bücherlesen und gut essen.
Zum Glück sind wir nicht in ein paar Jahren hierhergekommen, denn ein japanisches
Konsortium will hier die ganze Halbinsel in ein Resort umwandeln, komplett mit "Sea
World", Golfplatz, Retirement Homes und Shopping Center! So verrostet das Schild auch
sein mag, den Japanern wird es auch mal wieder besser gehen und der Zaun wurde ganz
eindeutig gut instand gehalten...
Als wir uns von Lang Cô aus auf den Weg nach Da Nang machen, haben
wir eine ähnlich kurze Etappe vor uns, wie von Hue aus. Knapp 45 km trennen uns von der
Stadt - mit Flughafen, um die Horden von Japanern, die dereinst hier sein werden zu
empfangen und wieder nach vielleicht 3-5 Tagen heimzusenden. Zwischen uns und Da Nang
liegt jedoch eine der spektakulärsten Strassenabschnitte, die Vietnam - neben den fast
unbefahrbaren im Norden - dem normalen Touristen bieten kann: der Wolkenpass. Er bildete
während Jahrtausenden die natürliche und politische Grenze zwischen dem Norden und dem
Süden. Hier kommen die Berge, welche 1500 m hoch sind, bis ans Meer heran und die Strasse
windet sich entlang den Klippen über einen 800 m hohen Pass. Dementsprechend spektakulär
ist auch die Aussicht (Schade, dass als wir mit Petra hier waren, die komplette Strasse in
Nebel und Regen getaucht war und demzufolglich nichts von alledem zu sehen war.). Wir
kämpfen uns mit unserem Monster die 8%-10% Steigung im 2. Gang hinauf und müssen lachen,
als wir etliche vietnamesische Busse sehen, die mit auseinandergenommenen Getriebekästen
und einer grossen Lache Öl auf der Strasse stehen - Unterhalt, Jungs, das ist der
Schlüssel! Wir erreichen den Pass ohne grössere Probleme und können von dort aus die
grandiose Sicht der einen Seite - Richtung Norden - auf eine Art von Landschaft (Junges
Grün frischer Reisfelder) und - gegen Süden - auf eine gänzlich anders aussehende
(tieferes Grün der fast erntebereiten Felder) geniessen.
Nach einem kleinen Halt auf dem Pass, wo die Touristen von
Verkäuferinnen umringt werden, wie Schmeissfliegen, rollen wir langsam den Berg hinunter
und kommen nach kaum einer weiteren Stunde in Da Nang an. Dort mieten wir uns in einem
günstigen Hotel ein - 12 USD schienen das Minimum hier zu sein, bis wir eines für 6
fanden - suchen zahlt sich aus! Am Nachmittag gehen wir in das Cham-Museum, in welches wir
die letzten zwei male nicht gegangen waren, weil der Sinh Café Bus uns nur 30 Minuten
für das Museum geben wollte und wir das als viel zu kurz empfanden. Die Cham waren ein
von Indien her beeinflusstes Volk, welches grosse Teile von Südvietnam vor langer Zeit
beherrschte. Heute sind noch die Nachfahren da, diese sind jedoch völlig verarmt und
haben nicht mehr viel gemeinsam mit dem damaligen Volk. Die Kunstwerke und Bauten, die sie
jedoch hinterliessen sind sehr interessant und das Museum gebietet eine Besuchsdauer von
mindestens 3 Stunden. Es schien uns auch notwendig, einen ausgebildeten Guide zu nehmen,
denn sonst sind die ganzen Geschichten und Tatsachen, die sich um diese
Ausstellungsstücke ranken nicht zugänglich. Wir hatten einen Guide, der sich in
Französisch die allerbeste Mühe gab, uns alles zu erklären - er war gut und bestimmt
die 20'000 Dong während den 3 Stunden wert!
Am Nachmittag schlendern wir durch die Strassen dieser Stadt, in
der, wie überall für die "richtigen" Touristen - grosse Hotels und dergleichen
gebaut wird. Die Preise sind hoch - auch für Food - und die Stadt hat keinen besonderen
Charme. Eine Promenade entlang des Hafens jedoch ist ganz nett, insbesondere wenn man
einen kleinen Halt bei "Christie's" macht, einer Bar, die schon am Nachmittag
Charme hat.
Abends, als wir dann wieder in unserem Zimmer liegen, sehe ich in
meinem Augenwinkel sich etwas bewegen und sehe mich um, zuerst kann ich gar nicht sagen,
was es genau ist, aber nach Kurzem bewegt sich wieder was: Ein Auge, welches durch ein
kleines Loch, das in der oberen Isolation in unserem Zimmer gebohrt wurde, mich auf dem
Bett liegend beobachtet. Ich warte ein paar Minuten, bis dass ich in einem schnellen Satz
zur Tür springe und den Mann "in Flagranti" an einem Eisengestell hängend
erwische. Leider leider hatte er für alle dann sich versammelnden Leute eine Erklärung
parat, die nicht anzweifelbar war: Er wolle am Schrein, der sich gerade hinter dem Gerüst
befindet beten gehen und weil es auch einen anderen Schrein, der sich unmittelbar unter
der Decke befindet gibt, habe er auf das Gerüst klettern müssen - ha ha. Er hatte
zumindest nicht mehr die Möglichkeit, in unser Zimmer zu blicken: Dank unserem Klebeband
und jede Menge Papier haben wir alle "Löcher" in unserer Wand zugeklebt.
Der nächste Morgen sollte meinen Geburtstag ein bisschen markieren
und so gingen wir, nachdem wir die Rucksäcke gepackt hatten wiederum zu
"Christie's" um einen echten "Stack of Pancakes" zu essen. (Seit wir
in Asien sind, gibt's überall sogenannte "Pancakes". Ich meide sie, weil sie
nichts mit der Art von Pancake zu tun haben, welche ich seit meiner Kindheit kenne. Nur
Christies hat per Zufall die original amerikanische "Aunt
Jemaima's"-Pancake-Mischung und serviert sie so, wie sie sein sollten: Im Stapel und
mit viel Butter und Ahornsirup - ein echtes Geschenk des Himmels - Probieren! Der
Unterschied ist "himmel"-weit!)
Nach dieser Stärkung machen wir uns auf eine wiederum sehr, sehr
kurze Etappe. Da Nang nach Hoi An - ca. 35 km. Hoi An ist ein kleines Dörfchen, welches
in den letzten Jahren einen unglaublichen Aufschwung touristenweise erlebt hat. Es ist
auch verständlich: Keine hässlichen offiziellen Bauten, nur kleine, alte Häuschen und
viel, viel Kultur. Es ist auch klein, dieses Dörfchen, alles kann bequem zu Fuss erkundet
werden. Wir quartieren uns in ein kleines, nettes Hotel ein und das Wetter lässt mich
auch dieses Jahr nicht im Stich, denn es fängt an zu regnen - wie schon das letzte
Jahrzehnt, soweit ich mich erinnern kann. Das hält aber Chantal nicht davon ab, eine
geheime Konspiration mit den Hotel-Jungs zu beginnen, um mich kurz darauf mit einem
Kuchen, Kerzen und dem unverzichtbaren "Happy Birthday" zu überraschen. Danke,
Chantal!
Gegen abend entschloss sich das Wetter dann doch noch ein bisschen
Güte zu zeigen und bescherte uns warmes und einigermassen trockenes Wetter, welches unser
geplantes Essen im Café "Rose" am Hafen ermöglichte. Draussen sitzen und die
Spezialität des Hauses "Shrimp mit Zitronengras und Knoblauch im Bananenblatt"
(Einmal essen - tausendmal wieder wollen) geniessen. Der Besitzer erkannte uns wieder und
wie jedes Mal, enttäuschte seine Cuisine nicht! Heute Abend genehmigten wir uns auch
einen Französischen Weisswein, der bestens zu unserem nur-Fisch Menü passte. Ein
wunderbarer Abend.
Die nächsten paar Tage verbrachten wir wieder mal mit faulem
Herumliegen, unsere gebrochene Bremshalterung schweissen lassen, spazieren, gut essen (!)
und den ultra-günstigen Gin&Tonic's der "Treats" (sinniger Name, nicht?)
Bar. Von Hoi An aus wollen wir endlich wieder mal der N1 entfliehen und entscheiden uns,
von Quang Ngai aus (60 km von Hoi An) mittels der N27 in die zentralen Hochländer zu
fahren - erstes Ziel wäre Kon Tum, oder so.
Die Fahrt nach Quang Ngai verläuft ziemlich schnell und
uninteressant, abgesehen davon, dass hier schon mit der Reisernte begonnen worden ist (120
km weiter nördlich haben die Leute gerade erst den Reis gesetzt) und so befinden wir uns
ziemlich schnell in dieser recht freundlich wirkenden Stadt mit guten Food-Shops und
vielen kleinen, netten Läden. Das Hotel gehört dem Staat und so fühlt es sich auch an -
sie können noch nichts mit der neuen Offenheit anfangen. Man muss länger in Vietnam
gewesen sein, um dieses Gefühl zu bekommen, beschreibbar oder fassbar ist es nicht immer
leicht.
Morgen haben wir eine recht grosse Etappe vor uns: 190 km über
voraussichtlich nicht besonders gute Strassen, mal sehen wie es wird - schlimmer als im
Norden wohl kaum. |