Morgens früh vor 6 Uhr lassen wir uns von einem der in funky
Farben bemalten Samlaws, die irgendwie aussehen als hätte sie ein Wilder aus einem
Wägelchen, einem halben Motorrad und viel Phantasie mit einem Schweissgerät
zusammengesetzt, zum Busbahnhof kutschieren. Dort angekommen, geht soeben die Sonne auf
und da die Laoten zum Kochen noch normale Kohle (keine Steinkohle, ähnlich unserer
Grillkohle) benutzen, wabert ein gelblich-grüner Rauch von den vielen kleinen
Essensständen über den Busbahnhof und kreiert mit der langsam aufgehenden Sonne eine
sehr mystische Stimmung. Speziell mit den wiederum in
Grundfarben und Laotischen Schriftzeichen bemalten "Bussen" (Russische Trucks
auf deren Ladefläche eine Kabine aus Holz aufgebaut wurde), deren Farben langsam in der
Sonne an Kraft gewinnen und den Hühnern, Hähnen, Hunden und Schweinen, die über den
Platz auf der Suche nach Food wandern. Nach einem guten Glas laotischem Kaffee - wir
wussten nicht, dass laotischer Kaffee zum besten der Welt gehört, auf jeden Fall tut er
es (mhh, speziell mit ihrem Filter, der aussieht, wie eine ausrangierte Socke, in den
Schwall für Schwall langsam das Wasser gegossen wird) - fährt unser Bus vor. Ein neueres
Modell - gespendet von der Japanischen Regierung im "Aid project for better local
transport in Lao" - und wir finden sogar Platz darin. Die Strasse nach Vientianne ist
wiederum ein Aid-Projekt, diesmal gesponsort von den Australiern, mit Brücken teilweise
gesponsort von der Europäischen Union oder wiederum Japan. Die Strasse ist sowas von gut,
dass sie irgendwo in Europa sein könnte - mit allen Verkehrszeichen und Linien auf der
Strasse - was aber nicht heisst, dass sich die laotischen Busfahrer auch nur im geringsten
daran halten würden...
Wir erreichen nach knapp 11 Stunden Vientianne und lassen uns vom
Samlaw-Fahrer zum Guesthouse fahren, welches wir aufgrund des Preises und der Standortes
ausgesucht hatten. Siehe da: Die Situation ist hier genau gleich wie in Savannakhet -
keine Zimmer, auch bei längerem Suchen nicht. Laos scheint wirklich von Touristen
überrannt zu sein. Wir finden nach längerem Suchen doch noch ein Zimmer - teuer und
nicht besonders. Morgen werden wir früh nach einem anderen Zimmer suchen. Vientianne -
obwohl Hauptstadt des Landes - hat einen distinktiven proviziellen Anstrich. Alles ist
klein, das Zentrum hat noch ungeteerte Strassen und besteht aus einem kreisrunden Platz
mit einem kleinen Springbrunnen und einigen kleinen zweistöckigen Häusern drum herum -
das war's auch schon! So richtig klein und fein. Die Stadt hat dafür jede menge Wat's -
einer schöner und grösser und goldener als der andere. Morgens kann man neben dem
wabernden Rauch im Sonnenaufgang die Gläubigen sehen, die in dieser mystischen Stimmung
am Strassenrand knien und auf die in Reihen hintereinander gehenden Mönche warten, um
ihnen Essen anzubieten. Der ganze Anblick ist schon was eindrückliches und kann nicht auf
Film gebannt werden - vielleicht haben wir das auch bewusst nicht gewollt - die Erinnerung
daran ist einmalig.
Wir gehen Geld holen. Nur, bei der Staatsbank bekommt man für den
Dollar nur 4350 Kip - Komisch, an der Grenze gab man uns bereits 5000 Kip und in
Savannakhet 5400 Kip. Hier ist was sehr faul. Also lassen wir uns von unseren
Traveller-Cheques Dollar anstatt Kip geben und machen uns dann auf den Weg, diese auf dem
Schwarzmarkt zu wechseln, wo man uns nach langem Handeln 5800 (!) Kip gibt. (Es muss schon
schwierig sein, in einem Land zu leben, wo die eigene Währung innerhalb eines Monats 30%
an Wert verliert - uns soll's nur recht sein, alles wird nach und nach billiger!) Das
einzig problematische an der Landeswährung Kip ist die Tatsache, dass man beim Wechseln
solch grosse Stapel an Geld bekommt. Kleines Beispiel: Die grösste Note ist die 5000 Kip
Note, diese ist knapp einen Franken wert. Wenn man also 100 USD wechselt, dann bekommt man
im idealsten Falle ein Bündel von 144 Noten. Leider ist die Verfügbarkeit der sehr neuen
5000-er Scheine recht klein. So bekommt man eher die 2000-er oder noch schlimmer, 1000-er
Scheine, das wären dann 720 (!!) Scheine - über 10 cm Papier! Zum ersten mal mussten wir
also Geld im Rucksack (gebündelt) mittragen, weil wir keinen Platz in unseren Beuteln und
Hosentaschen hatten! (Unser schlimmstes Erlebnis war mal, dass wir den Gegenwert von 10
USD in einem Restaurant mit 500-er Scheinen zahlten, um das blöde "Wechselgeld"
loszuwerden - unglaubliche 2 cm Papier und 128 Scheine!!)
Am Nachmittag machen wir uns mit unseren Dollars und der offiziellen
Einladung und Bestätigung unseres "fake"-Business-Visas auf den Weg zum
vietnamesischen Konsulat. Dort füllen wir die normalen Papiere aus und als wir danach
fragen, wann wir kommen könnten, um unsere Pässe wieder zu holen, passiert das
unfassbare: Nein, nein, wird uns gesagt, wir könnten unser Visa sofort bekommen, wir
sollen doch während 10 Minuten Platz nehmen. Wir bekommen unser Visa für 25 USD pro Kopf
und haben so insgesamt nur 55 USD pro Kopf für 3 Monate bezahlt, im Vergleich kostet ein
Monat Touristen-Visa 50 USD und benötigt einige Tage zum bearbeiten. Knapp eine
Viertelstunde später haben wir bereits unsere Pässe wieder in der Hand und werden
wahrscheinlich eine Eintragung ins Guinness Buch der Rekorde bekommen, für das
schellstausgestellte vietnamesische Visa.
Vientianne bietet eine Vielzahl von kleinen Essenständen und Cafés
am Mekong und wir verbringen die schwülen Nachmittagsstunden dort mit einem kühlen Beer
Lao. Morgen werden wir mal Fahrräder mieten (eigentlich nicht nötig, weil die Stadt eh'
klein genug ist, um sie zu Fuss zu erkunden), weil wir ein bisschen weiter raus fahren
wollen. Eine sehr beliebte Institution bei Fremden in Vientianne ist am Hauptplatz die
"Scandinavian Bakery". Dort gibt es wirklich alles was man für ein gutes
Frühstück braucht: Croissants, Butter, "Gomfi", guten Kaffee und frische
Fruchtsäfte - alles zu seinem Preis natürlich, aber es ist es wert! Nach einem
wahrhaftig guten Frühstück geht's an den vielen Wat's vorbei zu einem "Arc de
Triomphe", sieht von weitem wirklich aus, wie das Ding in Paris, die Grösse stimmt
ungefähr auch - erst wenn man näherkommt, entdeckt man die asiatischen Züge und
Ornamente - Gottheiten und Buddhistische Symbole harmonisch vereint. Für 500 Kip kann man
das Ding besteigen, um einen besseren Blick auf die Stadt zu bekommen. Die Einheimischen
nennen dieses Bauwerk die "vertikale Landebahn" - warum? Sehr einfach: Dieses
Bauwerk, obwohl es nicht so aussieht, besteht ausschliesslich aus Beton. Bei uns würde es
bestens in die Werbung "Beton, es kommt nur darauf an, was man damit macht!"
passen. Es wurde vor vielen Jahren vor dem Krieg begonnen und konnte wegen der Knappheit
des Rohmaterials nicht fertiggestellt werden. Als dann nach dem Krieg die Amerikaner (!)
Beton für die Landebahn des Vientianne Airport lieferten, wurde dieser prompt von der
Regierung für die Fertigstellung dieses Monumentes verwendet, anstatt die Landebahn zu
bauen! Das Monument ist auch heute noch nicht fertig und sieht im Inneren aus, wie im
Rohbau eines Hochhauses. Aussen nagt schon der Zahn der Zeit - manche der filigranen
Türmchen und Spitzen sind nicht mehr da, sondern an ihrer Stelle ragt der rostige
Armierungsstahl hervor. Nicht so schlimm, eigentlich, denn von weitem sieht das Ding immer
noch sehr imposant aus!
Danach fahren wir zu dem nationalen laotischen Wahrzeichen, welches
sich auf jeder Banknote, jedem Regierungsinsignia und an vielen anderen Orten in Laos
findet: einer Buddhistischen Stupa, die eher aussieht, wie eine Raketenabschussbasis (wer
weiss?), die in goldener Farbe gemalt wurde. Keine Mönche hier, jedoch auch nicht die von
uns erwarteten Souvenirverkäuferhorden oder eine Unzahl Bettler. Hier ist niemand ausser
dem verschlafenen Mann, der von uns 500 Kip Eintritt verlangt und einer Katze, die
unterhalb der "Donation Box" zusammengerollt schläft - das ist eine grosse
Touristenattraktion auf laotisch! Insgesamt muss man eher ein Buddhistischer Mönch, der
fähig ist, laotisch zu lesen, sein, um aus diesem Ding etwas herauszuholen. Nach diesem
Denkmal geht's noch zum Grab des unbekannten Soldaten - sehr kommunistisches Ding und
absolut nicht den Besuch wert - nicht mal die Laoten kümmern sich sonderlich drum, wenn
man das wilde Gras ansieht, welches auf dem Pfad, der zum Grab führt, wächst.
Wir wechseln wieder Geld: Wieviel bekommen wir dieses Mal? vor zwei
Tagen bekamen wir maximal 5400, dann 5800 heute morgen, wieviel bieten sie uns, knapp 8
Stunden später? Festhalten! 6050 Kip nach gar keiner harten Verhandlung. Wir schütteln
nur den Kopf ob dieser Entwicklung! (Die Preise sind inzwischen keinen Kip raufgegangen!)
Den Besuch des "Lao Revolutionary Museum" ist genauso uninteressant wie
befremdend - die verschiedenen Bilder sind mit Sprüchen wie "Capitalist/Imperialist
forcing barbaric labour on Lao's population" und den MG's mit denen "over 200
imperialistic soldiers" umgebracht wurden (jedem das Seine - jeder laotische Schüler
muss mindestens einmal hierher kommen) Wir essen in einem Indischen Restaurant und am
gleichen Abend, knapp darauf wird es Chantal wirklich elend und so legen wir am nächsten
Tag eine Ruhepause ein, damit sie sich wieder erholen kann.
Morgen aber wollen wir weiter in ein kleines Nest namens Vang Vieng,
welches uns von vielen Reisenden als wunderschön beschrieben worden ist. Früh morgens
gehen wir zum Morgenmarkt und dort stehen jede Menge Pickups, um welche ihre Fahrer
herumstehen und die Destination ausrufen. Wir entdecken den, der Vang Vieng ausruft und
unser Gepäck wird von ihm gleich auf das Dach des kleinen Kabäuschens verfrachtet,
welches über die zwei Bänke im Laderaum des Pickups gebaut wurde. Zudem hat es hinten
ein Gitter mit je zwei Rohren, damit sich die Leute, welche keinen Sitzplatz bekommen
haben, stehend am Fahrzeug festhalten können - gut für uns Fremde, denn wir haben in
jedem Fall zu lange Beine und können hinten hängend zumindest einigermassen bequem
reisen. Bald ist auch unser Pickup voll und schon kann es auf die abenteuerliche Reise
gehen. Die Strasse ist gut und auch unser Fahrzeug ist recht neu - sogar der Tacho
funktioniert. Hier wird uns auf einmal klar, was es bedeutet, wenn in einem asiatischen
Land auf einmal Strassen in europäischer Qualität zur Verfügung stehen: Unser Pickup
rast mit 100 km/h dahin und ist der Meinung, dass die Kuh, welche 400 m weiter vorn auf
der Strasse steht, auf das Hupen reagieren wird! Zum Glück hatte unser Fahrzeug gute
Bremsen und wir einen guten Halt am Chassis... Wahrscheinlich sind wir seit langem nicht
mehr so schnell auf einer Strasse von einem Ort zu einem anderen gekommen, aber diese
Tatsache brachte uns einen wichtigen Vorteil: Da die Zimmerkapazität wiederum fast
ausgelastet ist, macht eine Stunde früher an einem Ort ankommen viel aus. Wir gehen in
ein kleines und nettes Guesthouse - ein Zimmer mit eigenem Bad für weniger als 3 Fr. die
Nacht.
Die Gegend um Vang Vieng sieht ähnlich aus, wie in Süd-China, nur
die Karst-Hügel sind etwas grösser und die Stimmung hier ist unglaublich friedlich: Es
scheint, dass nach 11 Uhr morgens niemand mehr arbeitet und dafür in irgend einer
Hängematte liegt oder auf einer Veranda mit einem Bier sitzt und Gitarre spielt. Es ist
recht schwer, das, was man hier fühlt, in Worte zu fassen - ganz Asien ist hektisch und
rastlos - man hat auf einmal auch Lust nichts zu tun und mit einem Bier auf einer Veranda
zu sitzen und dem klimpern zuzuhören.. Das Wetter - unglaublich warme 30° - tut uns nach
der relativen "Kühle" von Vietnam sehr gut. Die Preise hier sind komisch: Zwei
Flaschen Bier kosten mehr als das Zimmer für eine Nacht. Wir wollten eigentlich gleich
weiter, um mehr Zeit im Norden von Laos zu haben, da unser Visa für unsere Verhältnisse
recht kurz ist, aber wir blieben doch noch mal drei weitere Tage, spazierend in der
schönen Umgebung, die Ruhe und Gelassenheit dieses Fleckens auf uns einwirken lassend und
entspannten uns, etwas was wir seit langen nicht mehr gemacht haben.
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