25.10.98
Tagebuch Seite 16
Haiphong und die Peninsula Dosön
Leider sehr wenig geschlafen und damit auch sehr müde fühlen wir uns, als wir um 5.15 vom Wecker "geweckt" werden. Bereits um 5.30 kommt Hai zum Hotel, um uns abzuholen. Hanoi ist um diese Zeit bereits auf den Beinen. Nach einer kurzen Fahrt kommen wir am Bahnhof an, der die Linien Richtung Westen bedient. Wir ziehen uns eines der kleinen Brote rein, die einem kleinen Baguette ensprechen. 2 kd für zwei Brote. Nachdem wir beim Tor unsere Tickets (die 250% mehr kosten, als die Vietnamesen zahlen) zeigen, kommen wir zu den "Perrons". Der Bahnhof sieht aus, wie ein umgebauter Rangierbahnhof. Über die Gleise steigend kommen wir zum Gleis 10 (warum es No. 10 sein sollte, wissen wir nicht, denn es ist das dritte Gleis), auf welchem unser Zug steht. Wir haben Hard Seat-Tickets und die Hard Seats in Vietnam sind wirklich "hard": Nicht anders als eine Parkbank aus Holz - dementsprechend bequem. Die übliche Musik und Gequake empfangen uns im Wagen.

Etwas besonderes sind die Fenster - Sie bestehen aus drei Schichten: 1. Ein robustes Gitter mit starkem Maschendraht - nicht nach oben verschiebbar, 2. eine Metallplatte mit Perforationen und 3. einer Plexiglasscheibe, gelb, verkratzt, und wenn unten, kann man kaum raussehen. Knapp nach 6 Uhr fährt der Zug das Horn benutzend, als wäre es die Jungfernfahrt, aus dem Bahnhof. Die Schienen sind in einem sehr schlechten Zustand: wenn man zwischen die Türen in den anderen Waggon sieht kommt es schon mal vor, dass die Neigungsdifferenz mehr als 20° (!!) beträgt. Da die Schienen nur zwei mal am Tage benutzt werden, muss der Zug sich durch die Menschen und Stände kämpfen, die unmittelbar an den Schienen befinden.

Als wir dann die Stadt verlassen fährt der Zug zwar schneller, aber immer noch in einem eher beschaulichen Tempo dahin. Nach 2 1/2 Stunden haben wir dann die 100 Km hinter uns gebracht. Wieder warten wie die Schmeissfliegen all' die Cyclo und Taxifahrer auf ihre Beute und die meisten der anderen Foreigners werden nach und nach zu unglaublichen Preisen (Wir hörten à la: "Ach, das sind ja nur 20 US$!" Ja, das ist vielleicht wahr, aber die meisten Vietnamesen verdienen nicht viel mehr als das pro Monat. Man kann sich also vorstellen, wo die Preise eigentlich liegen sollten) Richtung Fähre zur Ha Long Bucht (Vietnams berühmteste Bucht mit den gleichen Steinformationen, wie in Guilin, nur hier ragen sie aus dem Wasser). Wir aber scheinen nicht ganz mit den Preisen einverstanden zu sein: Taxis bieten Hai 120 kD für die Fahrt an. Hai sagt das sei immer noch 3 mal zu teuer. Wir folgen ihr in die Stadt und nach einigem Wandern kommen wir zu einer Busstation (Hätten wir alleine nie gefunden) und warten dort für ca. eine halbe Stunde - Fahrpläne gibts keine.

Als dann der Bus kommt - wir hatten uns auf einen dieser fahrenden schrottplatzreifen Dinger vorbereitet - kommt ein ultramoderner Hyundai mit Aircon und guten, bequemen Sitzen! Die endgültige Überraschung kommt dann aber noch: Weil diese "express"-Buslinie sehr neu ist, bietet die Busgesellschaft als Promotion während den Wochenenden Gratisfahrten für alle!

Angekommen in Dosön, sehen wir das Meer wieder - lange her eigentlich. Der Ort hat auch schon bessere Zeiten gesehen und wirkt sehr verschlafen. Kleine Guesthouses und Hotels säumen den schönen, kleinen Strand gepaart mit jeder Menge kleiner Stände für die flüssigen Bedürfnisse des Menschen. Ausser einer kleinen Gruppe Russen ist am Stand niemand. Wir gehen entlang des Strandes und wandern auf die kleine Peninsula von Dosön. Das einzige Gebäude dort ist ein Kasino, welches aber für Vietnamesen Off-Limits ist. "Dekadente Foreigners (lies Kapitalisten)", die hier ihr Geld loswerden wollen, jedoch schon. Wir gehen nicht ins Kasino rein -  es hat auch schon bessere Zeiten gesehen - sondern geniessen die Sicht von einer Anhöhe aus auf eine kleine Insel vor der Küste mit einem Leuchtturm und der weiteren Küste, die Richtung Haiphong geht.

Wieder zurück am Strand übermannt uns der Schlafmangel und wir mieten für horrende 6 kD während einer guten Stunde zwei Liegestühle am Strand und schlafen prompt ein. Hai zur gleichen Zeit besucht einige ihrer Freundinnen in einem nahegelegenen Hotel. Um 14.30 gehen wir zu Hai ins Hotel. Sie hat inzwischen herausgefunden, dass der Bus von hier aus alle X.15 fährt. Nach einer halben Stunde mit MTV von der Satellitenschüssel und einem kalten Cola findet Hai, wir sollten gehen. Eine halbe Stunde für 400 Meter zu fuss? Wir entscheiden uns, noch ein bisschen zu warten. Um 15.00 wird Hai dann so nervös, dass wir Ihr den Gefallen tun und zur Bushaltestelle gehen. Dort angekommen (3 min später), stehen wir in der Sonne (heiss) und warten auf den Bus. Und warten. Und warten...

Ich hatte nie angenommen, dass der Bus auch nur annähernd pünktlich ist, aber als es schon 16.00 ist und immer noch kein Bus da ist, kommt es uns zweien schon ein bisschen komisch vor. Und zudem geht die Zeit sehr langsam vorbei - an einer verlassenen Strasse, wo vielleicht alle 10 Minuten jemand vorbeikommt - nach 45 Minuten in der Hitze ist jede Energie für eine Konversation weg! Um 16.00 kommt dann der Bus, aber in die falsche Richtung! Wir wissen, dass der Bus seine Endstation bei Kasino hat und so nur noch eine gute Viertelstunde uns von der längstbenötigten Aircon trennt. Als dann der Bus in der richtigen Richtung uns aufnimmt fragen wir nach dem Bus von 15.15. Ach, der ist nicht gekommen? - Es wird nie ganz geklärt sein, warum.. ob der Bus eine technische Panne hatte, oder eher die Unlust des Fahrers das Problem war...

Zurück in Haiphong essen wir eine spezielle Suppe - Feingehacktes Krabbenfleich mit Nudeln und Grünzeug mit massig Chilisauce und etlichen anderen undefinierbaren Sachen - undefinierbar oder nicht, die Suppe war ganz definitiv top! Nach einigem Window-Shopping mit Hai geht's dann um 18.40 wieder Richtung Hanoi. Todmüde, aber zufrieden kippen wir um 10 Uhr abends ins Bett.