15. - 17.7.98
Tagebuch Seite 4
Abschnitt 1/4
Chengdu, die Erste

Nach der Hölle von der Zugafhrt erholen wir uns mal mit viel Schlaf in einem Doppelzimmer (ah! endlich ein bisschen Privatsphäre nach all den Dormitories!) mit eigenem Bad und westlichem WC (!) (leider auch privaten Mäusen).

Chengdu ist die offenste und freundlichste Stadt Chinas, die wir bisher erlebt haben, aber auch die heisseste.  40+ Grad und eine mörderische Luftfeuchtigkeit, die einem schon im Liegen Bäche schwitzen lässt...

Die Märkte sind voll mit den unglaublichsten Sachen und das Essen ist endlich (Merke: Sichuan Province - Guangbo Chicken mit erdnüssen und jede Menge Chili - fragt mal in eurem lokalen China Restaurant nach) angenehm scharf.

Noch ein paar Tage, bevor wir uns in die Berge verziehen. Man hat uns gesagt der Talboden sei auf 2500 m...


18. - 30.7.98
Tagebuch Seite 4
Abschnitt 2
/4
Songpan - Stadt der Pferde

Wir kommen nach einer 11-stündigen mörderischen Busfahrt mit platten Reifen und undichtem Kühler in Songpan auf - nach unserem Gefühl enttäuschenden - 1500m Höhe in strömendem, kaltem Regen an.

Wir checken in ein Hotel mit unglaublich überhöhten Preisen für ein Doppelzimmer ein: 4 Fr/Tag. Die "Touts" der lokalen Pferdetreckgesellschaften haben uns schon vor dem Aussteigen bedrängt "Tomorrow Horsetrek, OK?" - scheint ein riesen Business zu sein...

Wir wollen uns erst mal ein oder zwei Tage lang das Dorf und Umgebung ansehen - man kann kaum glauben, dass man noch in China ist - alle Häuschen sind aus Holz nund mit Schiefersteinen bedeckt... kommt uns das Schweizern nicht etwas bekannt vor? - Ja, ging uns genauso, denn sie haben einen distiktiven Chalet-Touch.

Leider - und da muss doch noch ein Haken sein - wird Andrew wieder krank. 39 Grad Fieber innert Stunden! Aber, wir erinnern uns an Xi'an, sind wir noch im Besitze dieser chinesischen Medizin und siehe da, nach nochmals einigen Stunden ist das Fieber mit Hilfe dieser wundersamen Pillen und Säften und einer nicht zu unterschätzenden Portion liebender Pflege durch Chantal wieder weg, und Andrew kommt doch wieder auf die Beine.


24. - 28.7.98
Tagebuch Seite 4
Abschnitt 3/4
5-Day Horsetreck

Für nur 10 Fr. pro Kopf und Tag bekommt man einen Guide für 2, der für alles, aber auch alles vom Kochen zum Zeltaufbau und dem Satteln zuständig ist. Unsere Gruppe besteht aus uns zweien, Carina aus Belgien, Jerry aus Irland und unseren Guides, Chong und Cheng.

Diese Pferde sind so klein, dass, wenn man sich das Reiten auf den 'normalen' Pferden in der Schweiz (liebe Pferdegemeinde: verzeiht einem Unwissenden) gewöhnt ist, dass man das Gefühl hat, nähme man die Füsse aus den Bügeln, würde man den Boden berühren. Aber diese vollbepackten armen Tiere tragen uns so trittsicher über Stock und Stein, dass wir wohlbehalten auf jedem Bergrücken ankommen.

Morgens, mittags und abends, und bei jeder nur denkbaren sonstigen Zeit füttern uns die Guides mit selbstgebackenem Brot, Reis oder Kartoffeln mit Gemüsen oder Pilzeintöpfen, die Zutaten gesammelt im nahen Wald.

Es gibt keine Menschenseele hier. Es ist so sauber und verlassen und unberührt, dass man nicht mehr das Gefühl hat, in China zu sein. Manchmal erscheinen die Wege, die wir nehmen nicht im ersten Moment für die Durchquerung mit einem Pferd geeignet - aber mit zuversichtlichen Guides ist alles hab so schlimm. Es geht durch reissende Bäche oder Felshängen entlang... klingt dramatisch, aber ich glaube, dass wenn Chantal taxiert, dass sie das mit einem eigenen Pferd nicht machen würde,  es zumindest aussergewöhnlich sein muss...

Wir baden in blubbernden Quellen und sehen die grünsten kleinen Seen, die es überhaupt geben kann. Abends, beim Lagerfeuer, nach der Fütterung der Raubtiere (erstaunlich guter Food, für dass er direkt über dem Feuer in einem Topf gekocht wird) sitzen wir am Lagerfeuer und wärmen uns. Auf 2200m-3000m wird es auch im Sommer recht kalt am Abend... und unsere Guides singen acapella alte chinesische Lieder: echte Romantik! Auch die Sterne, so klar kann man sie nirgenswo mehr in China sehen, sind unglaublich - Ruhe und Stille.

Ein weiters Detail: Ihr habt geglaubt, dass das Edelweiss am Aussterben ist? Hier auf jedenfall nicht: Ganze Büschel und Felder in unglaublichen Grössen kann man hier finden - einfach schön. Am Tag sehen die Täler und Wiesen aus wie im Appenzellerland, mit dem kleinen Unterschied, dass hier die Kühe Yaks heissen!

Unser Fazit: Es hat sich auf jeden Fall gelohnt und jeder Pferdemensch sollte diesen Trek einmal machen! Diesen oder länger, man kann dann immer noch um einen tieferen Preis feilschen...

Zurück in Songpan kommt leider ein kleiner Wemuthstropfen in unsere Euphorie: unsere kleine Kamera wird am Abend vor unserer Abfahrt gestohlen. Zum Glück hatten wir gerade einen neuen Film eingelegt, also kein grösserer Schaden.


31.7. - 3.8.98
Tagebuch Seite 4
Abschnitt 4/4
Chengdu, die Zweite

Um 5 Uhr morgens fährt unser Bus los. Irgendwo zwischendrin lädt uns der Busschauffeur alle aus, und fährt davon - leer, aber mit allem Gepäck. Gewöhnt wie wir sind, vermuten wir, dass er tanken gegangen ist. Aber nein, dieser Bussfahrer, nebst dem dass er fährt wie ein Henker, schlägt alles, was wir bisher erlebt haben:

Er ist während dem er uns 2 Stunden in der prallen Sonne (heiss!) stehen liess, in die nächste grosse Stadt gefahren, (die wir übrigens auch passierten) und hat den Bus vorgeführt (analog unserer jährlichen Strassenverkehrsamt-Kontrolle)! Unglaublich, aber wahr!

Nichts desto trotz hat er uns dann nicht mehr sehr damit überrascht, dass ihm unterwegs das Benzin ausgegangen ist und tanken musste... ca. 20 km hinter erwähnter grossen Stadt. Aber, und das werden wir halt nie verstehen, die chinesische Busfahrerlogik funktioniert halt etwas anders!

Wieder in Chengdu angekommen lernen wir vom letzten Mal und nehmen - oh fröhnet dem Luxux - ein klimatisiertes Zimmer. Ein Besuch bei der Polizei, erfrischend effizient (für chinesische Verhältnisse) und ein noch erfrischenderer Besuch bei einem Kaufhaus, um eine neue, kleine, schiekige und mit allen technischen Rafinessen strotzende Kamera zu kaufen...

Morgen fahren wir nach Leschan, um den grössten Budda der Welt zu besichtigen. Es sollten 4 Stunden Fahrt sein - Tanken und Vorführen nicht mit eingerechnet...